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500 Jahre Reformation bedeutet auch eine Geschichte der Ökonomie

Am 31.10.2017 feiern die protestantischen Kirchen den 500. Jahrestag des Anschlags der 95 Thesen Martin Luthers an die Schlosskirche in Wittenberg. Das war der Anlass, um im Hayek Institut unter dem Titel „500 Jahre Reformation bedeutet auch eine Geschichte der Ökonomie“ ganz weltliche Aspekte zu diskutieren.

Der Unternehmer Dr. Herbert Unterköfler, der Soziologe Prof. Dr. Erich Weede und der Ökonom Mag. Christof Zeller-Zellenberg stellten Zusammenhänge, direkte und indirekte Auswirkungen und parallele Entwicklungen in der Geschichte der Ökonomie und der Religion dar.
Zu Beginn befasste sich die Diskussionsrunde mit der Interpretation des Calvinismus durch den Soziologen und Nationalökonomen Max Weber. Nach Weber ist beruflicher Erfolg und Wohlstand ein Zeichen des Auserwähltseins durch Gott. Daraus ergeben sich Anreize zum Streben nach beruflichem Erfolg, sozusagen ein Wettbewerb im Gunstbeweis Gottes. Für die Ökonomie eine sehr förderliche Strömung. Diese Theorie Webers schien jedoch nur wenig Zustimmung der Diskutanten zu erfahren.

Vielmehr wäre die durch die Reformation ausgelöste Alphabetisierung breiter Bevölkerungsschichten und der damit einhergehende Bildungsaufschwung von enormer Bedeutung für die ökonomische Entwicklung gewesen. Die Reformation förderte auch das Hinterfragen gegebener Herrschafts- und Hierarchiestrukturen. Dies führte zu einer Dezentralisierung von Macht und Wissen, in weiterer Folge also zu mehr Akteuren am Markt. An dieser Stelle wurde auch darauf hingewiesen, dass Luther selbst keineswegs große Begeisterung für Handel zeigte und eher ein merkantilistisches denn ein libertäres oder kapitalistisches Wirtschaftsbild hatte.

Kritische Anmerkungen zu Luthers persönlicher Biographie führten die Diskussion schließlich über den katholischen Arbeitsbegriff hin zur Stellung der Frauen in den verschiedenen Religionen. Ein großer Beitrag zum Wohlstand der Gesellschaft sei der Zugang zu Bildung für Frauen. Selbst wenn Frauen ihr Wissen „nur“ innerfamiliär einsetzten, wäre dieser Zugewinn an Humankapital für die Entwicklung einer Gesellschaft ausschlaggebend. In mehrheitlich protestantischen Gebieten lässt sich auch eine hohe Frauenerwerbsquote feststellen.

Unter dem Aspekt, dass Minderheiten oft durch Häufung besonderer Leistungen in speziellen Bereichen auffallen, wurde die Korrelation von Religion und Beruf erörtert. Auch die Frage, inwiefern sich eine kulturelle respektive eine religiöse Heterogenität auf die wirtschaftliche Entwicklung einer Nation auswirke, wurde besprochen. Die These, kulturelle Minderheiten seien durch einen erhöhten Druck, sich in der Gesellschaft zu beweisen, eher dazu angeregt, großen wirtschaftlichen Erfolg zu generieren, fand an dieser Stelle Zuspruch.

Dieser letzte Teil der Diskussion fand unter reger Publikumsbeteiligung statt. Hier wurde auch erwähnt, dass in der protestantischen Tradition die Anzahl der religiösen Feiertage verringert wurde. Wir würden Gott im Alltag besser dienen als am Feiertag. Das ist eine Sichtweise, die in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit Widerspruch anregt. Wäre nicht eine Teilung von Arbeit und damit Reduktion der Arbeitszeit (also mehr Feiertage) sinnvoll? Nein, denn es gibt keine feste, verteilbare Arbeitsmenge. Arbeit entsteht durch Kommunikation und Interaktion. – Das ist ein Gedanke, dem jedenfalls eine der kommenden Veranstaltungen im Friedrich A. v. Hayek Institut gewidmet werden sollte!

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Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.

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