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25.03.2020
Banken- und Geldpolitik in der Österreichischen Tradition

von Joachim Starbatty
Banking and Monetary Policy from the Perspective of Austrian Economics
Edited by Annette Godart-van der Kroon and Patrik Vonlanthen
Springer Verlag 2018, 280 pp., €139.09
Folgt man der Tagespolitik auf internationaler Ebene, gewinnt man den Eindruck, dass eine primitive Form des Keynesianismus die wirtschaftspolitische Debatte dominiere. Haben andere Stimmen noch eine Chance? Friedrich August von Hayek – er war als Vertreter der österreichischen Schule der maßgebliche Opponent der von John Maynard Keynes geprägten Cambridge-Schule – wusste, dass in Wirtschaft und Politik eine Wahrheit nicht ein und für alle Mal etabliert werden könne; vielmehr müsse jede Generation aufs Neue von den richtigen Ideen überzeugt werden. Derzeit ringen zwei Denkrichtungen –österreichische versus Cambridge-Schule – um die Deutungshoheit. Unter dem Titel „Banking and Monetary Policy from the Perspective of Austrian Economics“ ist jüngst bei Springer ein Sammelband mit Argumenten der Österreichischen Schule zur Banken- und Geldpolitik erschienen. Die Herausgeber, haben Beiträge renommierter Vertreter der Österreichischen Schule gewinnen können. Im Ganzen liefern die Aufsätze wertvolle Perspektiven auf die jüngsten wirtschaftlichen Krisen sowie gute Argumente gegen die Nullzinspolitik und gegen massive staatliche Interventionen zur Belebung der allgemeinen Investitionstätigkeit.
Die meisten Aufsätze haben einen klaren aktuellen wirtschaftspolitischen Bezug. Drei Texte seien exemplarisch herausgegriffen. Brendan Brown widmet sich in seinem Aufsatz „What is wrong with the 2% Inflation Target?“einem Thema, mit dem sich viele Ökonomen und Politiker mit und ohne geldpolitische Fachkenntnis auseinandersetzen. SeinVergleich des EZB-Präsdidenten, Mario Draghi, mit dem nackten Kaiser in Hans Christian Andersens Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ veranschaulicht das Kernproblem: Draghi gibt vor, mit Hilfe einer aggressiven Geldpolitik deflationäre Tendenzen zu bekämpfen und die Inflationsrate präzise steuern zu können; doch drohte in der Eurozone weder eine Deflation noch reagiert die Preisentwicklung des privaten Verbrauchs auf Draghis Bemühungen. Trotzdem lassen ihn die Politiker schalten und walten, wie er will. Hervorzuheben ist die grundlegend andere Betrachtung der österreichischen Schule von Inflation als Geldmengenaufblähung anstelle der Entwicklung des Preisniveaus eines mehr oder weniger willkürlichen Warenkorbes. Aus dieser Perspektive führt die übermäßige Ausweitung der Geldmenge zu intertemporalen Ungleichgewichten in der Produktionsstruktur und damit zu Vermögenspreisblasen. Ein kurzer Blick auf die Immobilienpreisentwicklungen–früher in den USA, Spanien und Irland und jetzt in deutschen Großstädten–veranschaulichen die Relevanz des österreichischen Ansatzes.
Der Leipziger Ökonom Gunther Schnabl beschreibt in seinem Aufsatz „The failure of the ECB Monetary policy from a Mises-Hayek-Perspective” wie billiges Geld zu Beginn des letzten Jahrhunderts in der südlichen Eurozone Boom-und Bustzyklen provozierte. Die Hypothek dieser volkswirtschaftlichen Verzerrungen lastet noch heute auf diesen Volkswirtschaften. Hat die Politik daraus gelernt? Nein, sagen Hoffman und Cachanosky. Sie analysieren in ihrem Aufsatz „Unintended consequences of ECB policies on Europe’s periphery“, dass billiges Geld der EZB nach der Krise die Hauptziele der Befürworter–über eine vermehrte Kreditvergabe der Banken Investitionen nachhaltig in der Realwirtschaft zu stimulieren –nicht erreicht hat. Hauptnutzniesser waren stattdessen die überschuldeten Staaten in der Eurozone, die sich durch das billige Geld zum Aufschub wichtiger Strukturreformen verleiten ließen. Die EZB hat also durch Nullzinsen die Krise verlängert und die Saat für neue Vermögenspreisblasen gesät. Gunther Schnabl fordert daher zu recht den raschen Ausstieg aus der Billiggeldpolitik.
Der letzte Teil des Sammelbandes widmet sich dem Bitcoin-Phänomen und seinen Bezügen zu Österreichischen Ideen. Auch wenn jüngste Entwicklungen auf den Märkten der digitalen Währungen die Entstehung von Blasen vermuten lassen, wird erst die Zukunft zeigen, ob sich Bitcoin und co nicht doch am Markt durchsetzen können und die Bürger unabhängig von der Willkür der Zentralbanken werden.
John Maynard Keynes hat in seinem Epoche machenden Buch „The General Theory of Employment. Interest, and Money“ (1936) einen ähnlichen Gedanken wie den zuvor von F.A. von Hayek erwähnten formuliert: „Die Ideen von Ökonomen und politischen Philosophen, ob sie nun recht oder unrecht haben, sind mächtiger als allgemein angenommen. Die Welt wird in der Tat durch wenig Anderes beherrscht.“ Wer wissen will, wer in Zukunft die Welt dominiert –Keynes oder Hayek –tut gut daran, das Buch „Banking and Monetary Policy from the Perspective of Austrian Economics“ zur Hand zu nehmen.
Der Artikel erschien am 15 July 2019 in der Frankfurter Allgemeine Zeitung . Wir danken Professor Starbatty für die freundliche Genehmigung zur Wiederveröffentlichung.
Annette Godart van der Kroon ist Präsidentin des Ludwig von Mises Institute Europe und Partnerin der Free Market Road Show.
Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.
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