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05.07.2017
Das Aufkommen des Hipster-Populismus

Der kürzliche erdrutschartige Sieg von Emmanuel Macron in den französischen Wahlen wirkt wie der endgültige Beweis für einen der bizarrsten Trends in der Geschichte der Politikwissenschaften: der Hipster-Populismus.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich hätte wohl selbst für Macron gewählt genauso wie für seinen Zwillingsanführer in der halbfranzösischen Republik Kanada, Justin Trudeau. Das Problem mit beiden Politikern ist tief verwurzelt in einem langandauernden Übel welches nur neue und verfeinerte Formen annimmt. Verleitung und Oberflächlichkeit stellen eine Gefahr für die Demokratie dar.
Über die letzten Jahre durften wir ein beeindruckendes Level an Aufmerksamkeit erleben, das von den Mainstream-Medien dem jungen Premierminister aus Kanada zugekommen ist – vor allem wegen seines Alters, seiner Redekünste und seinem Auftreten. Ist irgendetwas davon relevant? Überhaupt nicht. Das Aussehen und die Ausdrucksweise – und besonders sein Alter – sagen nichts über die fundamentalen Themen aus, mit der sich die Politik beschäftigt. Es sagt nichts über Ideologie, Gesetze, Moral oder Handlungsweise aus. Und das 21. Jahrhundert, das Selfie-Jahrhundert, ist besonders anfällig für solche Ablenkungen, gefüttert von einer monströsen Anzahl an Bildern und Videos, die wir aufnehmen und über Social Media und den normalen Medien verbreiten können.
Ich würde sogar sagen, dass dies eines der größten Herausforderungen für den Präsidenten der Vereinigten Staaten, Donald Trump, ist. Er ist alt, sein Kopf ist eine seltsame Kombination aus einer perückenartigen Frisur und starren Muskeln (besonders in der Mundregion), der Ton seiner Stimme ist nervig und – sind wir mal ehrlich – er ist übergewichtig. Trump ist alles andere als „cool“, man wird ihn nicht zusammen mit Studenten joggen sehen. Vergleichen Sie das mit der gegenübergestellten Ecke im Ring, mit den Herren Trudeau und Macron, beide verführend nicht nur in ihrem Auftreten, sondern auch in ihrer Erscheinung (ich will nicht zu sehr in Details gehen über die Diskussion welcher Regierungschef den heißesten Hintern hat – das sollen Facebook und Instagram klären).
Der jüngste Kampf wurde über das Pariser Klimaabkommen ausgetragen, weil die USA bekanntlich ausgetreten ist. Ohne den Hauch einer Ahnung über den eigentlichen Inhalt oder den Konsequenzen des Abkommens griffen Millionen von Menschen Trump an und unterstützten Macron, welcher der Paladin im Kampf gegen den Klimawandel – und gegen Trump – wurde. Dies folgte nach Hunderten von Nachrichtenmeldungen über den Händedruck (ja, einem Händedruck) zwischen Trump und Macron und Artikeln über den Besuch des Präsidenten der USA im Nahen Osten, wo das Verweigern Melanias, ihrem Ehemann die Hand zu reichen, tatsächlich berichtenswert war (anscheinend ist das Berühren von Händen ein relevantes Thema geworden).
Wie viel von der Kritik gegenüber Trump, welche ich größtenteils teile, würde bestehen bleiben, wenn er ein junger Athlet wäre? Oder eine schwarze Frau? Wer weiß. Was wir sagen können ist, dass es gefährlich wird, wenn Wähler ideologische und wissenschaftliche Debatten für nachhallende Slogans, perfekt zurechtgelegte Phrasen und Argumenten, die Inhalt missen lassen und Vorurteile verbreiten, austauschen. Was für einen anderen Grund kann es für den unverständlichen Meinungswechsel von vielen Zeitungen und Intellektuellen geben, die früher gegen Freihandel argumentiert haben und nun plötzlich Trump kritisieren, wenn er Protektionismus verteidigt?
Wir haben fast zehntausend Jahre gebaucht, um eine halbwegs freie, halbwegs egalitäre (gegenüber Hierarchien) und wohlhabende Gesellschaft aufzubauen. Lassen wir es nicht an ein Paar schöne Augen verschwenden.
Franco Martín López ist geschäftsführender Direktor von Fundación Internacional Bases.
Quelle: La Opiníon Incómoda & Austrian Economics Center
Übersetzt ins Deutsche von Kai Weiß.
Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.
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