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16.03.2015
Das HETA-Milliardenloch
Bei der Hypo-Abbaugesellschaft HETA ist ein gigantisches Kapitalloch entstanden. Erneut […]
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Bei der Hypo-Abbaugesellschaft HETA ist ein gigantisches Kapitalloch entstanden. Erneut fühlt sich niemand verantwortlich. Es herrscht dringender Erklärungsbedarf.
Raoul Sylvester Kirschbichler
Warum fehlen bis zu 7,6 Milliarden Euro an Vermögenswerten bei der HETA Asset Resolution AG? Wer hat die Jahresbilanz im letzten August erstellt und was hat sich seither verändert, dass die Wirtschaftsprüfer die Vermögenswerte so dramatisch nach unten korrigieren mussten? Letztendlich sind sie auf einen Wertberichtigungsbedarf von 5,1 bis 8,7 Milliarden Euro gekommen. Nach Abzug des Eigenkapitals fehlen nun zwischen 4 und 7,6 Milliarden Euro.
Auf den ersten Blick schaut es so aus als würde hinter der gesamten Vorgangsweise wirtschaftspolitisches Kalkül stecken. Denn die Regierungskoalition dürfte nur auf das Banken-Abwicklung- und Sanierungsgesetz gewartet (BASAG) haben, das seit Anfang des Jahres in Kraft ist – es orientiert sich an einer vorgegebenen Richtlinie der Europäischen Union. Seit 1. Jänner kann der Steuerzahler entlastet werden, sobald eine Bank in ernsthafte Schwierigkeiten gerät, weil das BASAG die Möglichkeit eröffnet, die Gläubiger zur Kasse zu beten. Im Fall der zahlungsunfähigen HETA sind nun jahrelange Gerichtsprozesse zu erwarten. Wollen die Gläubiger schneller eine halbwegs annehmbare Lösung, müssen sie am Verhandlungstisch Platz nehmen. Dort wird ihnen aber vorweg einmal klar gemacht werden, dass sie auf einen großen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen.
Das HETA-Finanzloch von 7,6 Milliarden ist damit aber noch nicht erklärt. Natürlich: Die überraschende Entscheidung der Schweizer Notenbank, den EU-Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro aufzuheben, hat den HETA-Vermögenswerten auf jeden Fall geschadet. Die Schweizer Notenbank hat sich so dem Druck der Finanzmärkte gebeugt:
Durch den schwächelnden Euro wurde es für die Schweizer immer schwieriger, den Kurs des Franken zum Euro künstlich niedrig zu halten. Sie mussten dafür massiv in den Markt eingreifen – also im großen Stil Franken verkaufen und Euro kaufen. Doch das wurde für sie umso schwieriger und teurer, je schneller der Euro an Wert verlor. Letztendlich haben die hohen Eurobestände in ihrer Bilanz und der zugleich niedrige Kurs der Gemeinschaftswährung der Schweizer Notenbank offenbar große Sorgen bereitet. Der Mindestkurs wurde aufgehoben.
Wer nach weiteren Ursachen für das HETA-Milliardenloch sucht, der wird sehr bald auch auf die schwachen Wirtschaftsprognosen und den Ukraine-Konflikt stoßen, auf zeitgemäße Standardantworten, die weder falsch noch ausschlaggebend sind.
Hauptursache bleibt, dass die Vermögenswerte einer Bank nach anderen Richtlinien bewerten werden als die einer Abbaugesellschaft. Die Hypo Abbaugesellschaft Heta Asset Resolution hat keine Banklizenz und hat als AG unternehmerische Pflichten wie zum Beispiel jene einer Bilanzerstellung. Momentan findet eine Vermögensuntersuchung, sprich eine Asset-Review statt. Als Berechnungs-Basis gelten immer noch die Halbjahresergebnisse der Hypo vom Vorjahr. Ob es sich in diesem Zusammenhang wirklich um Bilanzfälschung handelt, wird aufzuklären sein.
Sicher ist: Als Sondereffekte für die Bilanz könnte der Verkauf der Südosteuropa-Töchter in die Heta-Bilanz einfließen. Das wird genau genommen davon abhängen, ob der Zeitpunkt des Signigs oder des Closings herangezogen wird. Mit ein Grund, weshalb die genaue Höhe des Milliardenlochs noch nicht feststeht.
Trotzdem: Kein Erklärungsversuch kann die schiefe politische Optik ins rechte Licht rücken: Niemand hatte explizit im letzten August darauf hingewiesen, dass Vermögenswerte von Banken und Abbaugesellschaften auf unterschiedlichste Art und Weise beurteilt werden und, dass wir, unabhängig von (äußeren) Faktoren, die wir nicht direkt beeinflussen können, mit einem anderen Ergebnis rechnen müssen, sobald die Vermögenswerte einer Abbaugesellschaft bewertet werden.
Das Schweigen darüber schockiert.
Zudem dürfte schon seit Monaten (vermutlich seit letztem August) bekannt sein, dass die beiden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die jetzt die Vermögenswerte der HETA bestimmen, erst nach dem 1. Jänner 2015 aktiv werden. Also erst dann, wenn das BASAG bereits in Kraft ist und sicher ist, dass künftig nicht mehr der Steuerzahler einspringen muss. Das ist dem Bürger wichtiger als das neuerliche Milliardenloch. Das nennt man auch: Glück im Unglück. Oder: Gut durchdachte politische Vermarktungsstrategie eines neuen Kapitels im Hypo-Thriller.
Und obwohl die Finanzmarkt-Aufsicht nun die Abwicklung der HETA Asset Resolution AG selbst übernommen hat, darf niemand von einem Konkurs sprechen. Ansonsten werden die rund 11 Milliarden Ausfallshaftungen von Kärnten schlagend. Kärnten müsste ebenfalls in die Pleite entlassen werden, sollte der Bund tatsächlich nicht einspringen. Aus diesem Grund hat auch die Ratingagentur Moody´s die Bewertung Kärntens um vier Stufen von A2 auf BAA3 gesenkt.
Schließlich kommt es wieder einmal zu einer typisch österreichischen Lösung: Zu einer Insolvenz-Verschleppung oder zu einem „Konkurs auf Raten“, der aber in der öffentlichen Diktion irgendwie umschrieben werden muss. Denn die Einstellung von Zins und Tilgung darf, wenn uns die Zukunft Kärntens am Herzen liegt, nicht als Konkurs gelten. Das Land garantiert noch für rund 11 Mrd. an offenen Forderungen. Ob das alles juristisch haltbar ist oder, ob es sich hier doch um eine eindeutige Insolvenz handelt, wird die Zukunft zeigen.
Die HETA ist zahlungsunfähig. Es droht ein milliardenschwerer Schuldenschnitt. Zu den Gläubigern zählt unter anderem die BayernLB. Bestimmte Anleihegläubiger sollen ihr Geld nicht zurückbekommen, obwohl das Bundesland Kärnten dafür garantiert hatte. Unsere bayrischen Nachbarn führen einen Milliarden-Streit um die Altlasten der Landesbank und der Hypo Alpe Adria.
Wer noch wie viel bekommt, weiß derzeit niemand. In Sicht ist nur eine gigantische Prozesslawine. Auch gegen Kärnten (das Risiko übernimmt aber der Bund). Die Ratingagentur Moody’s hält es weiter für „sehr wahrscheinlich“, dass die Republik Kärnten im Fall von Liquiditätsproblemen dem Bundesland Kärnten unter die Arme greifen wird. Diese Einschätzung rettet Kärnten gerade noch die Einstufung „Baa3″.
Der Hypo-Wahnsinn hat bereits 5,5 Milliarden Euro Steuergelder verschlungen. Ob es wirklich dabei bleibt, darf, kann und muss ernsthaft bezweifelt werden.
Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.
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