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27.10.2016
Das Vollgeldsystem und seine Vorteile

Wir freuen uns auf einen interessanten Vortrag von Raimund Dietz, […]
Wir freuen uns auf einen interessanten Vortrag von Raimund Dietz, der am 9.11. im Rahmen des CRCM seine Überlegungen zum Geldsystem vortragen wird. Kontrast zur Hayek´schen Theorie bietet auch unten stehender Artikel von Raimund Dietz, den wir gerne als Diskussionsgrundlage verbreiten.
Heute wird viel über Banken und Finanzmärkte gesprochen, wie es zur Krise kam und mit welchen Maßnahmen man glaubt, die Dinge in den Griff zu bekommen. Ein grundlegender Faktor wird dabei meist außer Acht gelassen: das System der Geldschöpfung. Wo kommt das Geld überhaupt her, mit dem wir Waren und Dienstleistungen kaufen, oder das wir gewinnbringend anlegen möchten? Wer darf es schaffen, wie kommt es in Umlauf, und welche Folgen hat das?
Der Ursprung von Gold- und Silbermünzen ist die Erde. Der Aufwand, der erforderlich war, um die Schätze zu heben, musste bezahlt werden. So kamen Gold- und Silbermünzen ganz von selbst in Umlauf. Nur den Schlagsatz (Aufschlag) heimste der Souverän ein.
Ganz anders bei modernem Zeichengeld (Papier- und Buchgeld): es kann faktisch kostenlos geschöpft werden. Gelderzeugung führt daher direkt zu einem Kaufkraftgewinn. Dieses Privileg kann, wenn überhaupt irgendjemandem, nur dem Souverän zustehen.
Außerdem: Da Zeichengeld in beliebiger Höhe produziert werden kann, muss die Menge an Zeichengeld „künstlich“ in Grenzen gehalten werden. Auch diese Aufgabe kann nur vom Souverän wahrgenommen werden.
Und wie kann Zeichengeld in Umlauf gebracht werden: durch Geschenk der Zentralbank an die Exekutive). Hierdurch käme Geld via Staatsausgaben schuldenfrei in Umlauf. Zuzüglich kann Geld auch weiterhin durch Kredite der Zentralbank an Geschäftsbanken in die Wirtschaft geschleust werden.
Wer bringt heute Geld in Umlauf? In der Hauptsache Geschäftsbanken. Die Zentralbank trägt nur mehr zu einem verschwindend kleinen Teil mit der Bereitstellung von Bargeld (und einigen unbaren Reserven) zur gesamten Geldmenge bei. Da unbares Zahlen dank neuer Techniken bequemer geworden sind, sind es die buchgelderzeugenden Geschäftsbanken, die mit beinahe 90% zur Geldmenge beisteuern. Da Privatorganisationen bringen Geld durch Kredit und Kauf von Vermögensgegenständen in Umlauf, womit sie sich bereichern und übermäßig ausdehnen können.
Gelderzeugung durch Private verletzt den Gleichheitsgrundsatz und bringt das ganze System in Unordnung. Denn kein Privater kann die Aufgabe der Steuerung der Geldmenge übernehmen. Da mit geschöpftem Geld auch Finanztitel erworben werden, wechseln sich Höhenflüge in der Finanzwirtschaft mit schweren Abstürzen ab, welche die Wirtschaft – heimisch und international – in den Abgrund ziehen und den Staat aushöhlen.
Vollgeld bringt hier Ordnung herein und hat sehr viele Vorteile:
- Das Geldsystem wird für die Bürgerinnen und Bürger wieder verständlich. Die Vollgeld-Initiative will genau das, wovon viele denken, dass es schon so wäre, nämlich: Allein die National- oder Zentralbank stellt Geld her, auch das Buchgeld.
- In der Wirtschaft gibt es nichts umsonst. Die einzige Ausnahme: die Geldschöpfung. Und die kann nur dem Souverän zustehen. Banken sollen sich weder über den Geldschöpfungsakt, noch durch Geschäfte, die mit ihm in Zusammenhang stehen, bereichern dürfen. Das jetzige Geldsystem fördert die Plutokratie, zerstört die Wirtschaft und den sozialen Zusammenhalt. Das Vollgeldsystem ist gerecht. Es ist eine Stütze der Bürgergesellschaft.
- Geld auf Girokonten ist vollumfänglich sicher, auch bei Bankenpleiten.
- Die heutige unkontrollierte Geldschöpfung durch die Banken wird eingedämmt und damit zukünftige Finanzblasen verhindert.
- Das Bankensystem wird weitgehend entflochten, so dass der Staat weniger durch Bankenpleiten erpressbar ist.
- Alle Gewinne aus der Geldschöpfung stehen ausschließlich der Allgemeinheit zur Verfügung. Die Vollgeldreform bringt den Bürgerinnen und Bürgern im Euroraum zusätzlich 5 Billionen Euro.
- Dadurch, dass Geld schuldenfrei in Umlauf gebracht werden kann, sinkt die Zinslast, wodurch alle, die über keine großen Vermögen verfügen, entlastet werden.
- Wettbewerbsgleichheit zwischen Banken und Unternehmen sowie zwischen Groß- und Kleinbanken wird hergestellt.
- Der Wachstumsdruck auf die Wirtschaft wird reduziert.
Das sind große Vorteile, denen Nachteile nur gewisser Interessengruppen gegenüberstehen.
- Die Investment-Banken müssten auf das einträgliche Geschäft der Börsenspekulation mit selbst geschöpftem Geld verzichten. Der Eigenhandel der Banken wird stark eingeschränkt.
- Wenn in Folge der Vollgeldreform Staatsschulden getilgt werden, müssten die Banken auf das einträgliche Geschäft der Staatsfinanzierung mit selbst erfundenem Geld verzichten.
- Die bisherigen Inhaber von Staatspapieren müssten anderweitige Anlege-Möglichkeiten suchen, womöglich riskantere.
- Da es weniger Auf und Ab an den Finanzmärkten gibt, haben Spekulanten weniger Chancen auf schnelle Gewinne.
- Das Bankgeschäft wird insgesamt langweiliger und nichts mehr für Boni-Jäger.
Das Vollgeldsystem (VGS) ist nicht irgendeine ausgedachte Reform von Bürokraten, die der Wirtschaft durch weitere Kontrollen das Leben erschweren möchte, sondern es passt zur Bürgergesellschaft.
Das gegenwärtige Geldsystem verletzt nicht nur den Gleichheitsgrundsatz, die Geldmenge hängt vom den Launen der Business-Community ab. Es wird durch Schuldkontrakte erzeugt – bei Rückzahlung verschwindet Geld wieder.
Die Folgen: Boom und Busts und die parasitäre, erdrückende Hypertrophie des Finanzsystems. Mieten sind für viele nicht mehr bezahlbar, Schuldendienste nicht leistbar, ganze Nationen werden in tiefe Krisen gestürzt.
Der Staat hat eine Gestaltungsaufgabe, der er bisher nicht nachgekommen ist. Sie besteht darin, das Banknoten- und Münzmonopol auch auf die Herstellung von Giralgeld auszudehnen. Die Zentralbank, faktisch Teil des Souveräns, wäre dann der alleinige Schöpfer von Geld. Das entspricht auch dem öffentlichen Charakter des Geldes als Medium. Nur der Souverän kann für die Stabilität dieses Medium verantwortlich gemacht werden.
Dafür muss der Zentralbank gestattet werden, das Staatsbudget im Rahmen der erlaubten Geldmengensteigerung mitzufinanzieren. Um Missbrauch zu unterbinden, sollten Zentralbanken in den Rang einer vierten Verfassungsgewalt gehoben werden und unabhängig (etwa wie das Verfassungsgericht) operieren. Von verschiedener Seite wurde der Name „Monetative“ vorgeschlagen.
Die Monetative würde das erzeugte Bar- und Buchgeld der Exekutive schenken, die es aufgrund von Beschlüssen der Legislative verwendet und in die Wirtschaft einleitet. Sie dürfte freilich auch weiterhin Kredite an die Geschäftsbanken und auch an den Staat vergeben. Die Geschäftsbanken bleiben unabhängig. Ihre eigentliche Aufgabe: Investoren zu gewinnen. Sie vergeben weiterhin Kredite, aber dürfen kein Geld mehr schöpfen. Banken wären dann in erster Linie Kreditvermittler.
Das VGS ist kein Anliegen, das man im parteipolitischen Links-Rechts-Schema einordnen kann. Es verbindet den Wohlfahrtsstaat mit einer freien Bürgergesellschaft. Es ist sowohl für Liberale, Konservative, Linke und Grüne akzeptabel.
Das Vollgeldsystem ist KEIN Allheilmittel. Aber es ist ein unentbehrlicher Schritt zu einem nachhaltigen Geld- und Finanzsystem und zu einer gut funktionierenden Bürgergesellschaft.
Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.
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