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Die geldpolitischen Ideen von Friedman und Hayek im Vergleich

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In den 1980er Jahren wurden die Ideen neoliberaler Denker wie Milton Friedman und Friedrich August von Hayek populär. So sehr die beiden Ökonomen im Glauben an den freien Markt geeint waren, so getrennt waren sie doch in Hinblick auf die Geldpolitik.

Aufstieg der Neoliberalen

Die weltweite Wirtschaftslage war in den 1970er Jahren äußerst turbulent. So fand 1973 das Bretton-Woods-Abkommen mit den fixen Wechselkursen ein Ende. Zeitgleich wurden die westlichen Volkswirtschaften von 2 Ölschocks erschüttert. Die keynesianische Doktrin, welche seit dem Zweiten Weltkrieg fester Bestandteil des ökonomischen Inventars westeuropäischer und US-amerikanischer Volkswirte war, verlor zunehmend an Bedeutung. Die Rezepte von Keynes versagten beim Kampf gegen Wirtschaftseinbrüche und hoher Inflation. Die Zeit für die intellektuellen Gegenspieler, Ächter des Sozialstaates, Anti-Interventionisten und (Neo-)Liberale, schien gekommen.

Den Anfang machte Großbritannien. Wirtschaftlich angeschlagen durch den Ölpreisschock, geplagt durch eine Inflation nahe der 20 % sowie starken Gewerkschaften befand sich Großbritannien Ende der 1970er Jahre in einer Art wirtschaftlichen Starre. Reformen waren notwendig. 1979 wurde Margaret Thatcher zur englischen Premierministerin gewählt. Die wirtschaftsliberale „Eiserne Lady“ war ein großer Fan Hayeks. Bei einem Treffen ihrer Partei, den Tories, knallte sie Hayeks Buch „Die Verfassung der Freiheit“ auf den Tisch, mit den Worten „Daran glauben wir“ [„This is what we believe“].

Auf der anderen Seite des großen Teiches ging es ähnlich zu: Die USA hatten mit einer hohen Inflation zu kämpfen und litten unter – selbst für europäische Verhältnisse – hohen Steuern. So gab es Spitzensteuersätze auf Einkommen von 70 % und Unternehmenssteuersätze von nahezu 50 %. Daher trat 1980 Ronald Reagan zum Wahlkampf für die Republikaner an, mit den Worten: „Ich mag keine Russen, ich mag keine Steuern, ich mag keine Inflation.“ In seiner Administration fiel Friedman die Rolle des wirtschaftlichen Beraters zu.

Friedrich August von Hayek gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Österreichischen Schule. Kennzeichnend für diese ist der methodologische Individualismus, wo das Individuum im Mittelpunkt der Untersuchung steht. Milton Friedman hingegen gilt als einer der Hauptvertreter der Chicagoer Schule, einer Art Unterabteilung der Neoklassik. Beide eint beide der Glaube an den freien Markt, werden beide gerne als neoliberal postuliert. Beide hatten voneinander eine hohe Meinung. Gefühlt überschneiden sich Chicagoer Schule und Österreichische Schule um 90 %. Der vermutlich größte Unterschied ist die Geldpolitik.

Milton Friedman

Milton Friedman gilt als Aushängeschild der Monetaristen. Seine Ideen zur Geldpolitik finden sich in seinem einsteigerfreundlichen Buch „Free to Choose“, auf Deutsch erschienen unter „Chancen, die ich meine. Ein persönliches Bekenntnis“. Das neunte Kapitel „How to cure inflation“ widmet er der Geldpolitik. Friedman zeigt mit historischen Beispielen, wie Geld in der Vergangenheit verwendet wurde. So wurde traditionsgemäß in Virginia Tabak als Geld benutzt. Jedes Mal, wenn die geerntete Menge an Tabak schneller wuchs als die Produktion von Waren, stiegen die Preise. Es gab also Inflation. Ebenso verhielt es sich mit der Einfuhr lateinamerikanischen Goldes nach Europa: Der massenhafte Import führte zu höheren Preisen. Inflation an und für sich kann eine große Gefahr sein, das zeigen historische Beispiele wie Deutschland oder Russland nach dem 1. Weltkrieg.

Für die Inflation macht die Regierung gerne andere verantwortlich: So werden Profitgier, Gewerkschafen, verschwenderische Konsumenten, Ölscheichs oder wahlweise auch das schlechte Wetter verantwortlich gemacht. Ja, man wisse, dass Manager gierig, Gewerkschaften hartnäckig und Konsumenten verschwenderisch seien, Ölscheiche den Preis anheben und das Wetter ist auch oft genug schlecht. Diese Gründe können hohe Preise für gewisse Güter und für eine gewisse Zeit rechtfertigen, aber niemals einen allgemeinen Preisanstieg. Andauernde Inflation ist in diesen Bereichen nicht möglich, weil niemand eine Notenpresse hat. Inflation ist auch unabhängig vom wirtschaftlichen System. So zeigt die Geschichte, dass sozialistische Länder wie Jugoslawien eine ebenso hohe Inflation aufweisen können wie die marktorientierten Volkswirtschaften der USA oder Großbritannien in den 1970er Jahren. Andererseits hatten sowohl das kommunistische China, als auch die kapitalistische Schweiz niedrige Inflationsraten.

Daher kommt Friedman zum Urteil: „Inflation ist immer und überall ein monetäres Problem“. Wenn der Output gleich mit der Geldmenge steigt, gibt es stabile Preise. Steigt hingegen die Geldmenge schneller, so gibt es Inflation. Die Geldmenge kann man durch das Tippen von Zahlen in einem Computer leicht erhöhen, während das Wachstum des Outputs aufgrund physischer und menschlicher Ressourcen und der effizienten Verwendung dessen limitiert sind.

Die Behauptung, dass die Energiepreise eine Inflation verursachen können, weist Friedman zurück. Am historischen Beispiel des ersten Ölpreisschocks 1973 zeigt der ehemalige Professor aus Chicago, dass die Inflation nicht vom Erdöl abhängig ist. So hatte Deutschland 1973 noch 7 % Inflation, 1978 weniger als 5 %. Japan hatte 1973 sogar eine Inflationsrate von über 30 % und schaffte es diese bis 1978 unter 5 % zu drücken. Beide Länder sind zu 100 % auf Ölimporte angewiesen. Die USA hingegen, welche nur 50 % ihres Öls importieren müssen, hatten 1973 eine Inflation von 12 %, welche auf 5 % (1976) sank, um dann wieder auf 13 % (1979) zu klettern.

Um die Inflation zu bekämpfen, empfahl Friedman den Zentralbanken, die Geldmenge zwar weniger stark auszuweiten, aber dennoch auszuweiten. Man solle sich auf eine Rate von einigen, wenigen Prozent (z.B. 1 bis 2 %) einigen und die Geldmenge entsprechend ausweiten. Es brauche lange, bis sich Inflation entwickle, aber ebenso brauche es lange, um sie zu bekämpfen. Bei dieser Empfehlung an die Zentralbank zeigt sich, dass Friedman zwar hohe Inflation ablehnt, dennoch aber für Inflation ist. Ganz im Gegensatz zu Hayek.

Friedrich August von Hayek

Am besten lassen sich die geldpolitischen Ideen von Hayek durch sein Buch „Denationalisation of Money“ darlegen, erschienen auf Deutsch unter dem Titel „Entnationalisierung des Geldes“. Bereits im Vorwort werden die Unterschiede zu Friedman klar. Auch Hayek will die Inflation und ihre Auswirkungen bekämpfen. Aber selbst eine milde Inflation lehnt Hayek ab, da diese die immer wieder auftretenden, wirtschaftlichen Depressionen und die Arbeitslosigkeit verursachen. Das Problem mit der milden Inflation liegt darin, dass das Ankurbeln der Wirtschaft nur mit einem weiterem Aufweichen der Währung fortgesetzt werden kann. Wenn sich eine gewisse Inflationsrate einpendelt, wird mit eben dieser Rate gerechnet und der gewünschte Effekt des Wirtschaftsaufschwunges durch die Inflation bleibt aus. In diesem wichtigen Punkt unterscheiden sich Friedman und Hayek: 1962 argumentierte Friedman für eine unabhängige Zentralbank als bestes Mittel, um die Inflation zu bekämpfen bzw. eine milde Inflation zu generieren. Doch Hayek sieht nur reihenweises Versagen. So stiegen die Preise im Durchschnitt für die Zeit von 1978 bis 1990 um 130 % (Westdeutschland), 143 % (Schweiz), 190 % (USA) bzw. 230 % (Großbritannien).

Hayek stimmt mit den Monetaristen darüber überein, dass Inflation eine Demand-Pull-Inflation verursacht, also die Nachfrage steigen lässt. Damit die Preise jedoch stabil bleiben, ist eine konstante Geldmenge bzw. eine konstante Erhöhung dessen nicht erforderlich. Die Geldmenge muss ein Niveau erreichen, dass die Menschen ihre Ausgaben weder erhöhen noch reduzieren und somit von der veränderten Liquidität nicht beeinflusst werden. Nur so kann es laut Hayek gelingen, die Preise konstant zu halten. Keine zentrale Autorität kann im Vorhinein wissen, welche die optimale Geldmenge ist. Das kann nur der freie Markt.

Eine Indexierung, also Messung, des Geldes findet Hayek ebenfalls problematisch. Eine Inflation greift laut ihm nicht zeitgleich und überall, sondern lässt die Preise nacheinander steigen. Das verzerrt die relativen Preise. Gerade diese Preisverzerrung sorgt dafür, dass Investitionen in Bereichen getätigt werden, die sonst unterlassen worden wären. Genau dieser Effekt sorgt für Massenarbeitslosigkeit.

Im Gegensatz zu den anderen Vertretern der Österreichischen Schule, namentlich Mises oder Rothbard, lehnt Hayek den Goldstandard ab. Der Goldstandard an und für sich ist zwar immer noch besser, als das staatlich kontrollierte Papiergeldsystem, da die Geldmenge nicht beliebig manipuliert werden kann. Jedoch wird der Goldstandard durch eine monopolistische Institution garantiert. Hayek sieht genau darin das Problem: Es ist eben diese monopolistische Kontrolle des Geldangebotes, welches diese inhärente Instabilität des Kredits und des Geldes verursacht. Auch weist Hayek den Vorwurf der früher oder später erwarteten Abwertung von Papiergeld aufgrund näherer Untersuchungen als unbegründet zurück.

Die Idee Hayeks besteht nun in der Umsetzung eines freien Währungswettbewerbes, auch freies Bankensystem genannt. Dabei können Geldinstitute ihre eigenen Währungen ausgeben. Im Interesse des Konsumenten ist eine stabile Währung. Dadurch, dass jeder Währungsemittent ein Interesse an möglichst vielen Kunden hat, hat er einen Anreiz, seine Währung möglichst frei von Fluktuationen zu halten. Im Falle einer Deflation kann das Unternehmen seine eigene Währung inflationieren, also mehr vom eigenen Geld ausgeben, z. B. in Relation zum Anteil. So erhält jeder Kunde dieser Währung zusätzliche Kaufkraft. Auch haben die Währungsunternehmen freie Hand, was die Bindung des Geldes betrifft. So können Warenkörbe in Bezug auf Nahrungsmittel oder auch Metalle gebildet und aufgrund dessen die Inflation der jeweiligen Währung gemessen werden. Gold allein als Deckung hätte hier schlechte Karten, da die strenge Limitierung von Gold dazu führt, dass es weitaus volatiler ist als ein Warenkorb.

Gerade weil das Thema Inflation wieder so hochaktuell ist, kann ein Blick zu Friedman und Hayek nicht schaden. Wahrlich erfolgreich sein dürfte die Idee von Hayek durchaus, spielen Kryptowährungen doch eine immer größer werdende Rolle. Realpolitisch, als auch realwirtschaftlich, sind die Ideen von Friedman leichter umzusetzen. Und obwohl ich Hayek bevorzuge, so kann ich auch mit der Umsetzung der Geldpolitik Friedmans relativ gut leben. Immerhin hat er das Problem der Inflation besser erkannt als mancher Keynesianer.

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Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.

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