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Warum eine Digitalsteuer eine schlechte Idee ist

von Kai Weiß

Die Digitalsteuer ist zu einem der meistdiskutierten Themen der letzten Monate in der Steuerpolitik geworden. Letztes Jahr versuchte die Europäische Union so eine Steuer, die spezifisch auf Unternehmen abzielt, welche im digitalen Bereich tätig sind, in Europa einzuführen. Dieser Versuch scheiterte letztendlich aufgrund der Opposition mehrerer Mitgliedsstaaten.

Die Idee ist jedoch bei weitem noch nicht vom Tisch. Die Europäische Kommission hat weiterhin vor, früher oder später eine Digitalsteuer einzuführen – zuerst will sie die Erfordernis der Einstimmigkeit im Rat abschaffen, um jegliche Opposition zu entmachten (eine weitere schlechte Idee, wie ich in einem anderen Artikel geschrieben habe). Außerdem planen diverse Mitgliedsstaaten, nun selbst eine Digitalsteuer einzuführen. Zu diesen zählen Großbritannien, Spanien, Frankreich, Italien und auch Österreich.

Die meist verwendete Begründung von diesen Regierungen ist, dass diese Unternehmen angeblich nicht ihren „fairen Anteil“ zahlen. Dieses Argument wird auch stets von der Kommission verwendet seit sie 2017 ihre Kampagne für eine Digitalsteuer startete. Weil diese Firmen nicht zahlen, was sie zahlen sollten, so heißt es in der Begründung, sollte eine Steuer von drei Prozent (oder weniger im Fall mancher nationaler Regierungen) für diese Firmen eingeführt werden.

Doch wie Matthias Bauer von der Brüsseler Denkfabrik ECIPE in seiner neuen Studie Corporate Tax Out of Control schreibt, sieht die Realität anders aus. Selbst wenn wir es für selbstverständlich ansehen, dass wir alle einen „fairen Anteil“ an die Regierung zahlen müssen – eine etwas willkürliche Behauptung, da nie erklärt wird, was „fair“ genau bedeutet und ab welchem Punkt ein Steuerzahler seinen „fairen Anteil“ gezahlt hat – ist es immer noch eine schlichtweg falsche Behauptung, dass digitale Firmen weniger Steuern zahlen als ihre traditionelleren Gegenstücke.

Stattdessen zahlen diese „bösen“ Digitalunternehmen, die angeblich weniger abgeben als ihre traditionellen Mitbewerber, mehr oder weniger dieselbe Menge an Steuern, wie Bauer in seiner Studie zeigt. In der Tat sind die effektiven Körperschaftssteuern in den Worten Bauers:

„im Falle von Technologie- und Software-lastigen Unternehmen höher als der Durchschnitt der traditionellen Unternehmen, deren Hauptstandort in Deutschland und Spanien liegt. Gleichzeitig sind die durchschnittlichen effektiven Steuerraten von Technologie- und Software-lastigen Unternehmen vergleichbar mit den durchschnittlichen effektiven Steuerraten von traditionellen Unternehmen aus Frankreich und nur ein bisschen niedriger als die durchschnittlichen effektiven Steuerraten traditioneller Firmen aus den Vereinigten Staaten und Italien.“

Das stimmt sogar bei denen, die am häufigsten beschuldigt werden, nicht genug zu zahlen: „Big Tech“-Firmen aus den Vereinigten Staaten. Schließlich sind es ja nicht die kleinen Start-Ups in (europäischen) Garagen, welche die EU und die nationalen Regierungen mit der Digitalsteuer im Visier haben – auch wenn diese kleinen Unternehmen durchaus betroffen wären. Genauso wenig wäre die Digitalsteuer angedacht für konventionelle Unternehmen, die sich langsam in den digitalen Raum vorwagen – auch wenn diese durchaus betroffen wären (was verdeutlicht, wie schwer es sein kann zu definieren, was ein digitales Unternehmen ist und was nicht).

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Natürlich denken die Befürworter einer Digitalsteuer an Firmen wie Google, Facebook, Twitter und Amazon. Aber wie Bauer zeigt, sogar diese – oder besonders diese – Unternehmen zahlen mindestens genauso viel Steuern wie herkömmliche Firmen.

Diese Riesen aus den USA zahlen nicht nur ihren „fairen Anteil“ – wenn überhaupt zahlen sie sogar mehr als das: „Viele digitale Unternehmen, inklusive große Internet-Firmen aus den Vereinigten Staaten (z.B. Amazon, Facebook, Google), weisen tatsächlich weitaus höhere effektive Körperschaftssteuerraten auf als eine Vielzahl von weniger- oder nicht-digitalen Unternehmen in der EU.“

Von 2012 bis 2017 zahlte die Firma Alphabet (die auch Google beinhaltet) 26,8 Prozent Unternehmensssteuern, Facebook 27,7, Microsoft 28,2 und Amazon sogar 38,2. Dies steht im Gegensatz zu den 24,1 Prozent, die Deutschlands größte, im DAX30 inkludierten Unternehmen im selben Zeitraum zahlten.

Bemerkenswert ist, dass dies nicht über manche der größten Konzerne mit traditionelleren Geschäftsmodellen, die – vielleicht nur durch Zufall – in Europa angesiedelt sind, behauptet werden kann. Mehrere der größten europäischen Unternehmen zahlen oft weitaus weniger Steuern als jeder andere, darunter Renault in Frankreich oder Volkswagen und die Deutsche Telekom in Deutschland, die, wie die nationalen Regierungen in diesen Ländern möglicherweise erkennen, zu wichtig sind, um sie zu hoch zu besteuern.

Es ist deshalb keine Überraschung, dass viele in Europas Bemühungen um die Digitalsteuer einen schamlosen Versuch sehen, um US-amerikanische Unternehmen anzugreifen. Demzufolge wäre die Digitalsteuer nichts weiter als eine nicht-tarifäre Handelsbarriere, die als Vergeltungsschlag gegen Donald Trumps Drohungen, Zölle (aufgrund der nationalen Sicherheit) einzuführen, gesehen werden könnte – oder schlimmer noch, als Strafe für den Erfolg mancher Unternehmen, nur weil sie ihren Sitz nicht in Europa haben. Wie Andreas Hellmann von Americans for Tax Reform vor Kurzem schrieb, „hat die EU diese Steuer bewusst so geschrieben, dass sie beinahe ausschließlich amerikanische Firmen betrifft, da es in der Europäischen Union keine vergleichbare Digitalindustrie gibt.“

Ungeachtet davon, ob die EU tatsächlich bewusst versucht, den Amerikanern mit dieser Steuer zu schaden, würden Digitalsteuern sicher nicht die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Europa verbessern und könnten potenziell weitere Vergeltungsmaßnahmen von Amerika herausfordern. Die, die letztendlich am meisten darunter leiden müssten, wären natürlich die europäischen Bürger, welche die Kosten tragen würden. Und wie Bauer in seiner Studie zeigt, ist es unmöglich „Big Tech“ vorzuwerfen, sie würden in Europa noch zu wenig Steuern zahlen – sie zahlen dasselbe (und oft sogar mehr) wie europäische Unternehmen.

Die Idee einer Digitalsteuer ist somit unrecht und wenn überhaupt, starrköpfig. Eine solche Steuer wirkt von Natur aus verzerrend und diskriminierend und würde somit eine schwere Abweichung von den Prinzipien solider Steuerpolitik, insbesondere der Neutralität, darstellen. Sowohl die EU als auch nationale Regierungen von London bis Wien sollten eine solche Steuer ablehnen.

Kai Weiß ist Vorstandsmitglied beim Hayek Institut und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Austrian Economics Center.

Lesen Sie die englische Version hier: Austrian Economics Center

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Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.

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