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Gleiche Steuern? Niedrigere Steuern!

Steuererhöhungen sind nicht die Lösung, sondern das Problem. Eine Replik.

von Martin Gundinger

 

Nicht lange ist es her, da hat Mattias Muckenhuber vom Momentum Institut in der Presse gefordert, dass Kapital- und Arbeitseinkommen gleich besteuert werden sollten. In seinem Artikel wird behauptet, Reiche würden zu wenig Steuern zahlen – und dass deshalb das Kapitaleinkommen höher besteuert werden soll, um eine Gleichbehandlung des Einkommens zu erreichen. Hierauf muss geantwortet werden.

Ja, Kapital- und Arbeitseinkommen sollten gleich besteuert werden. Dagegen spricht aus ökonomischer Sicht wenig. Wogegen jedoch aus ökonomischer Sicht eine ganze Menge spricht, ist ein Anheben der steuerlichen Belastung von Kapitaleinkommen.

Klar muss nämlich sein: Geld, das dem Privatsektor entzogen wird, steht diesem nicht mehr zur Verfügung. Die relevante ökonomische Frage, die sich daher im Bereich der Steuern stellt, ist: Kann der öffentliche Sektor mit den Geldmitteln besser umgehen als der private Sektor? Die Antwort ist gleich ein zweifaches Nein: Erstens eines auf theoretischer Ebene, und zweitens eines auf empirischer Ebene.

Auf theoretischer Ebene fehlt dem öffentlichen Sektor ein guter Feedback-Mechanismus, der ihn dazu bringen könnte, seine Mittel möglichst gut im Sinne der Bedürfnisse der Bürger einzusetzen. Wenn ein Unternehmer seine Kunden nicht ausreichend zufriedenstellt, wird er seine Kunden verlieren. Wenn ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber nicht ausreichend zufriedenstellt, wird er seinen Arbeitsplatz verlieren. Überall finden sich solche Feedback-Mechanismen, und in einer freien Marktwirtschaft sorgen sie tendenziell dafür, dass der Egoismus Einzelner der Vermehrung des Wohlstands Aller dient.

Anders sieht das aus, wenn der öffentliche Sektor interveniert und Geldzahlungen einseitig vorschreibt oder Leistungen mit Konsumzwang “anbietet”. Diese Feedback-Mechanismen funktionieren dann nicht mehr, weil es in der Regel am Konsens fehlt. Bei einer Transaktion ohne Konsens als Voraussetzung ist unklar, ob die beteiligten Personen eine Verbesserung ihrer Situation erwarten. Damit ist genau derjenige Mechanismus außer Kraft gesetzt, der ohne Intervention des öffentlichen Sektors zu einem bestmöglichen Einsatz von Ressourcen führt.

Auf empirischer Ebene zeigen die letzten Jahrzehnte, dass steigende Abgaben- und Ausgabenquoten des öffentlichen Sektors nicht mit einer verstärkten Schaffung von Wohlstand einhergehen – ganz im Gegenteil, wie ein Ländervergleich zeigt. Jüngstes Beispiel: Die erwähnten 40 Milliarden Euro als “entschlossene Reaktion” haben Österreichs Wirtschaft nicht, wie behauptet, “schnell aus der Krise” geführt. Österreich liegt nämlich beim prognostizierten Wirtschaftswachstum im Zeitraum 2020 bis 2023 unter den 27 EU-Ländern auf Rang 24. Niedrigere Wachstumszahlen weisen nur Italien, Portugal und Spanien auf.

Zum Abschluss noch drei Anmerkungen: Auch eine Flat Tax sorgt dafür, dass Besserverdienende nominell deutlich mehr an Abgaben leisten als Durchschnittsbürger. Jedoch nehmen sie nicht im gleichen Verhältnis Leistungen in Anspruch. Als Beispiel: Jemand, der das 10-fache eines Durchschnittsbürgers verdient und folglich bei einer Flat Tax das 10-fache an Steuern zu leisten hat, nimmt (üblicherweise) nicht das 10-fache an öffentlichen Leistungen in Anspruch. Teils ist es sogar so, dass wohlhabende Menschen weniger öffentliche Leistungen beziehen als Durchschnittsbürger. Wer daher Gerechtigkeitsüberlegungen ins argumentative Feld führt, sollte darüber nachdenken, inwiefern es angesichts dessen gerecht ist, solche Menschen nicht bloß proportional, sondern mittels eines progressiven Steuersystems überproportional zu besteuern.

Was ebenfalls zu bedenken ist: Jede Kapitalinvestition geht grundsätzlich mit dem Risiko eines Totalverlusts des eingesetzten Kapitals einher. Im Vergleich dazu ist ein Angestelltenverhältnis in der Regel mit deutlich weniger Risiko verbunden. Die ausreichende Bereitschaft, hohe Risiken einzugehen, ist eine wichtige Voraussetzung für die Weiterentwicklung einer Wirtschaft – weshalb die steuerliche Berücksichtigung des Risikos nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit ist.

Und zuletzt: Pragmatisch betrachtet würde eine höhere Kapitalsteuer dazu führen, dass Kapital in Österreich nicht investiert wird oder abwandert. Das wiederum wirkt sich dämpfend auf das zukünftige Wirtschaftswachstum aus. Im Extremfall könnte das dazu führen, dass die Steuerbasis minimiert wird – bedeutet: Hohe Steuersätze, die niemand bezahlt, und daher geringere öffentliche Einnahmen als zuvor bei niedrigeren Steuersätzen. Der Schuss ins Knie würde so zum Schuss in den Kopf.

Darum: Nicht die Kapitalsteuer anheben, sondern die Einkommensteuer absenken. Es sei denn, man entschließt sich dazu, Menschen zur Sanierung der Staatsfinanzen einzusperren. Wobei ich mir sicher bin, dass in Österreich niemand die Absicht hat, eine Mauer zu errichten.

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Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.

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