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18.08.2018
Wie Innovation die Hitze erträglich macht

von Kai Weiß
Eine der schlimmsten Hitzewellen in der Geschichte hat Europa seit Wochen im Griff. Die Temperaturen sind hoch und die Konsequenzen groß: Waldbrände von Schweden bis nach Griechenland, extreme Dürren mit nachfolgenden Ernteausfälle en masse– natürlich fordern Bauern schon Beihilfe, in Deutschland bis zu eine Milliarde Euro (wie kann es anders sein) – und Schäden, die alleine in Österreich laut Versicherungsunternehmen schon 210 Millionen Euro betragen könnten. Klimatologen folgen derweil wieder dem Mantra, man solle keine Krise ungenutzt lassen und beurteilen das Wetter als Zeichen, dass die Apokalypse nahe ist, sollte nicht schnellstmöglich eingegriffen werden. Und dann auch noch das Gejammer – man kann praktisch nicht mehr damit aufhören, so anstrengend ist die Wärme derzeit. Es wäre wohl ein „Jahrhundertsommer“, wäre da nicht der Jahrhundertsommer von 2003, der 70.000 Leben in Mitteleuropa kostete.
So schlimm die Lage ist, sollten wir uns allerdings daran erinnern, dass es noch viel schlimmer sein könnte. Tatsächlich zeigt ein Artikel von Oliver Wetter und zahlreichen weiteren Forschern in der Fachzeitschrift Climate Change, wie schlimm es sein könnte, wenn man mit solchen Extremtemperaturen zu tun hat. Dabei blicken die Forscher auf den Sommer von 1540, der als „Jahrtausendsommer“ eingegangen ist. Die Hitze und Dürren dauerten dabei ein ganzes Jahr an und die Folgen waren verheerend.
Wie ein dramatischer Artikel in der Frankfurter Allgemeinen zeigt, könnten im Jahr 1540 aufgrund der Wetterlage bis zu eine Million Menschen gestorben sein – eine Million, in einem Europa, welches damals lediglich vierzig Millionen zählte (heute sind es 741 Millionen). Es war das trockenste Jahr aller Zeiten, in England regnete es von Juli bis Oktober kein einziges Mal (ja, in England) und der Winter in Italien ähnelte eher dem Hochsommer. Waldbrände waren allgegenwärtig.
Die Haupttodesursache war die Ruhr, eine Darmentzündung, welche durch verunreinigtes Trinkwasser ausgelöst wurde. Das Wasser wurde im Allgemeinen knapp und war, wie in der Schweiz zum Beispiel, fast gänzlich aufgebraucht. 1540 war Wasser auch die Hauptenergiequelle und weil es fast kein Wasser mehr gab, gab es keine Mühlräder mehr, die in Betrieb waren – Mehl wurde dadurch ebenso knapp und arme Menschen kamen an kein Brot mehr. Oder kurz gesagt: Die Lage war katastrophal.
Ich weiß nicht wie es Ihnen dabei geht, aber ich fühle mich plötzlich ganz wohl in unserer Lage. Doch die Frage ist, wieso wir solche Katastrophen nicht mehr erleben – und aller Wahrscheinlichkeit nie wieder erleben werden? Wieso bringen unsere Hitzewellen, auch wenn mit negativen Folgen behaftet, nicht mehr solch extreme Konsequenzen mit sich? Natürlich war der Sommer 1540 schlimmer als alles, was wir in unserer Lebzeit durchgemacht haben, doch trotzdem ist es schwer vorstellbar, dass in der heutigen Zeit wieder eine Million Menschen wegen des Wetters sterben würden.
Tatsächlich sterben – obwohl Klimatologen meinen, dass es zunehmend mehr Hitzewellen gibt – immer weniger Menschen aufgrund von warmen Temperaturen. Die Todesfälle aufgrund von Hitze in den USA sind seit 1960 dramatisch gefallen, von jährlich vierzig Menschen pro einer Million Menschen zu nur mehr zehn.
Von einem Ausgehen des Wassers sind wir in der westlichen Welt weit entfernt – tatsächlich sind wir an einem Punkt, wo wir bei warmen Wetter einfach unseren Wasserkonsum erhöhen. Dass Wasserknappheit zu Essensknappheit führen könnte ist auch schon lange nicht mehr der Fall: die meisten unserer Energiequellen sind nicht mehr von Wasser abhängig und in einer globalen Weltwirtschaft können notfalls woanders die nötigen Lebensmittel eingekauft werden, sollten sie in der Heimat wirklich ausgehen.
Der Grund dafür ist, ganz einfach, eben jener freie Markt und jenes kapitalistische Denken, das Handel vereinfacht und neue Technologien hervorbringt. Statt den rigiden Systemen des staatlichen Interventionismus, wo ein Ausscheren kaum möglich ist, kann auf dem freien Markt jeder Mann und jede Frau Innovationen hervorbringen, wenn er oder sie will und eine gute Idee hat. Der Unternehmer sieht eine Nachfrage für etwas und nutzt sodann seine Ressourcen, um die Lücke, die sonst niemand sieht, zu schließen und damit Profit zu machen. Dieser Prozess hat nicht nur immensen und niemals vorstellbaren Wohlstand hervorgebracht, sondern auch neue Technologien und die Möglichkeiten, sich ändernden Bedingungen anzupassen.
Eine Hitzewelle lässt sich eben doch deutlich leichter leben, wenn man in einem klimatisierten Haus sitzt, Wasser im Supermarkt einkaufen (oder den Wasserhahn aufdrehen), sich per Uber Essen holen und für Strom (damals, anno 1540, noch nicht mal in Träumen vorstellbar) einfach die Steckdose verwenden kann. Mit seinem iPhone kann man derweil seine Bekannten anrufen und sich zusammen im Schwimmbad oder dem eigenen Swimming-Pool erfrischen. Und wenn man schon keine Klimaanlage hat, ist man zumindest für den Ventilator dankbar. Keine dieser Möglichkeiten stand den Menschen von 1540 zur Verfügung.
Sich dies immer wieder bewusst zu machen – die Tatsache, dass es materiell gesehen noch nie eine Zeit in der Geschichte der Menschheit gab, wo das Leben besser und einfacher war – und sich auch immer wieder bewusst zu machen, wieso das der Fall ist, ist von essenzieller Bedeutung. Mit dem Aufstieg des Kapitalismus und der Industrialisierung vor etwas mehr als zwei Jahrhunderten begann dieser Prozess und hat sich seither stetig fortgesetzt. Selbst das Leben mit der Hitze hat dies zutiefst beeinflusst.
Kai Weiß ist Vorstandsmitglied beim Hayek Institut und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Austrian Economics Center.
Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.
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