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28.02.2023
Klagenfurter Stadtgespräche

Gemeinsam mit dem Universitätslektor Alexander Linsbichler stellte Barbara Kolm die Österreichische Schule der Nationalökonomie einem interessierten Publikum in der Universität Klagenfurt vor.
Barbara Kolm begann mit einem historischen Abriss und dem Begründer Carl Menger. Die Veröffentlichung der „Grundlagen der Volkswirtschaftslehre“ 1871 gilt als Beginn einer ökonomischen Disziplin, die als Österreichische Schule Weltruf erlangte. Einen starken Einfluss übte zunächst die wissenschaftliche Diskussionskultur in Großbritannien aus. Später gewann die Wiener Moderne an Einfluss, vor allem auf die zweite Generation der „Österreicher“. Um die Jahrhundertwende waren die sogenannten Wiener Salons wichtige gesellschaftliche Ereignisse und wer etwas auf sich hielt, besuchte einen oder mehrere solche Zirkel, in denen aktuelle wissenschaftliche Themen diskutiert und so manche wichtige Idee geboren wurde.
Die wichtigsten Vertreter der Österreichischen Schule sind Eugen von Böhm-Bawerk, Friedrich von Wieser, Ludwig von Mises, Leo Schönfeld-Illy, Friedrich von Hayek – der einzige Nobelpreisträger der österreichischen Wirtschaftswissenschaften – Fritz Machlup, Gottfried von Haberler, Oskar Morgenstern. Die dritte Generation verlässt Österreich als Hitler an die Macht kommt in Richtung GB und USA. Heute sind die wenigsten „Österreicher“ in Österreich zu Hause.
Wofür steht die Österreichische Schule?
Die Vertreter der Österreichischen Schule stellen eine Theorie des menschlichen Handelns auf. Sie verbinden erstmals die Themenbereiche Unternehmen und Geld, Zeit und Wett, Handlung und Wissen, sowie Geld und Kredit zu einer komplexen Lehre.
Sie heben den Individualismus hervor und argumentieren damit gegen den Kollektivismus. Die Betonung liegt auf konservativen und liberalen Tugenden; im Vordergrund stehen Eigenverantwortung, Initiative und Leistung.
Eigentumsrechte sind ein wesentlicher Faktor für eine funktionierende Gesellschaft und funktionierende Märkte.
Die drei großen Diskussionen in der Geschichte der Österreichischen Schule
Der Methodenstreit mit der deutschen Historischen Schule behandelte die Frage wie man menschliches Handeln verstehen kann: mit Hilfe der Wirtschaft oder der Geschichte. Carl Menger vertrat die Ansicht, Wirtschaftstheorien seien nötig um die Geschichte interpretieren zu können, man müsse wissen, wie Märkte funktionieren. Die Theorie des Konjunkturzyklus entstammt dieser Diskussion.
Pro und Contra Sozialismus: Ludwig von Mises war einer der stärksten Kritiker des Sozialismus. Gemeinsam mit Hayek vertrat er die Ansicht Einkommensverteilung sei eine wirtschaftliche Frage, während die Sozialisten diese für eine politische Frage hielten. Die „Österreicher“ postulierten, das Preissystem sei für die angemessene Verteilung der Ressourcen notwendig, für die Sozialisten war eine zentral geführte Regierung für die Ressourcenverteilung zuständig.
Die Diskussion zwischen Hayek und John Maynard Keynes wurde öffentlich geführt. Hayek plädierte dafür, dass freie Märkte den Konjunkturzyklus diktieren sollten, während Keynes Nachfrage und Angebot aggregiert betrachtete und Zentralbanken die Kontrolle über den Konjunkturzyklus überlassen wollte.
150 Jahre Österreichische Schule
Alexander Linsbichler konzentrierte sich in seinem Vortrag auf die Charakteristik der Österreichischen Schule. In den 150 Jahren ihres Bestehens gab es verschiedene Strömungen; Diskussionen innerhalb der Schule gibt es bis heute. Was verbindet ihre Vertreter?
Die Österreichische Schule als multidisziplinäres Forschungsprogramm
Die Österreichische Schule ist ein Forschungsprogramm mit sozialwissenschaftlichen und ökonomischen Theorien, bestimmten methodologischen erkenntnistheoretischen Positionen, Forschungsinteressen und eine Fachsprache. Als Forschungsprogramm ist sie primär politisch unabhängig.
Die Österreichische Schule ist mehr als Ökonomie. In den 150 Jahren entwickelte sich die Wissenschaft stark, viele Teildisziplinen differenzierten sich und es entwickelte sich ein breites Verständnis dessen, was Nationalökonomie leisten soll. Viele Vertreter publizierten zu Themen, die nichts mit Ökonomie zu tun haben, wie Psychologie, Rechtstheorie, Mathematik oder Philosophie. Mises verlangte von Ökonomen sich auch in anderen Bereichen auszukennen. Wenn ein Ökonom nur Ökonom ist, dann werden z. B. seine Handlungsempfehlungen an die Politik zu kurz greifen, weil andere Bereiche nicht berücksichtigt werden. Das ist allerdings eine Herausforderung, denn Universalgelehrte gibt es schon lange nicht mehr. Daher ist interdisziplinäre Zusammenarbeit gefragt.
Der Einfluss der Wiener Diskussionskultur
Ein weiteres Merkmal ist die Wiener Diskussionskultur, die sich Ende des 19. Jahrhunderts herausbildete. Von Universitätsseminaren bis zu Kaffeehausrunden trafen Interessierte zusammen, um über Wissenschaft zu diskutieren, Ideen zu präsentieren und zu kritisieren. Die emigrierten Österreicher fanden in den USA eine völlig andere Diskussionskultur vor. Die amerikanischen Wirtschaftsprofessoren wollten sich Abends nicht treffen und diskutieren.
Idealerweise zeichnet sich die Österreichische Schule durch Bescheidenheit aus. Man sollte dem anderen zumindest prinzipiell zugestehen, dass er recht haben könnte. Ebenfalls wichtig ist Toleranz. Karl Popper sagte dazu, hinreichend viele Ideen müssten zur Diskussion stehen; sie müssten hinreichen verschieden sein und starken Test unterworfen werden. Voraussetzung ist sachliche Kritik, die auch zugelassen werden muss. Das trifft vor allem auf empirische Wissenschaften zu; in der Österreichischen Schule ist sachliche Kritik auch ein politisches Ideal.
Wissen und Wissensgenerierung
Als drittes Merkmal nennt Alexander Linsbichler den Fokus auf Information, Wissen an sich und Wissensgenerierung. Wissen wird definiert als subjektive Interpretation von Informationen. Wenn man soziale Phänomene verstehen und erklären will, muss man berücksichtigen, wie diese zustande kommen. Individuen handeln auf Basis ihres Wissens, welches unvollständig ist, ja sogar falsch sein kann. Verschiedene Leute interpretieren dieselbe Information so unterschiedlich, dass Vorhersagen zu ihrem Verhalten kaum möglich sind.
Den Mitschnitt der Veranstaltung finden Sie hier: https://www.aau.at/blog/43-klagenfurter-stadtgespraech-die-oesterreichische-schule-der-nationaloekonomie/
Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.
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