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24.06.2015
Künstliche Grenzen für Philanthropie in Österreich

Von Roland Fritz
Vergangene Woche veröffentliche das Centre for Global Prosperity eine Studie, welche zu evaluieren versucht wie einfach es in verschiedenen Staaten ist, philanthropischen Aktivitäten nachzugehen. Allgemein kann gesagt werden, dass es einen ganz klaren Zusammenhang zwischen dem BIP eines Staates und den sich auftuenden Möglichkeiten für Philanthropie gibt – das ist auch der Grund, warum reiche Staaten wie die Niederlande oder die Vereinigten Staaten das Ranking anführen. Grundsätzlich ist Westeuropa eine der Regionen der Welt, in der wohltätige Aktivitäten am einfachsten auszuführen sind.
Mein Heimatland Österreich hingegen schneidet innerhalb dieser Region ziemlich schlecht ab. Der Report kritisiert die fehlende Möglichkeit zu einer Online-Registrierung von philanthropischen Organisationen und die Notwendigkeit, stattdessen einen relativ zeitintensiven und komplizierten Prozess auf sich zu nehmen. Darüber hinaus ist das Österreichische Steuerrecht nicht besonders förderlich für Wohltätigkeit; gegenwärtig können nur Zuwendungen in den Feldern Wissenschaft und Forschung, Bildung und Kunst von der Steuer abgesetzt werden, aber beispielsweise nicht für karitative Zwecke und soziale Dienstleistungen. Dies stellt die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs Philanthropie (aus dem Griechischen: Liebe zur Menschheit) ein wenig auf den Kopf, in dem es Zuwendungen fördert, welche – streng genommen – nicht den Ärmsten der Armen zu Gute kommen. (auch wenn sie natürlich gesamtgesellschaftliche eine große Relevanz besitzen) Darüber hinaus muss auch gesagt werden, dass sogar in Bereichen, in welchen Abschreibungen möglich sind, die Situation alles Andere als perfekt ist. Gegenwärtig können lediglich 10% des steuerpflichtigen Einkommens für die oben genannten Zwecke abgeschrieben werden – im internationalen Vergleich ist dies ein äußerst geringer Wert.
Wie könnte man Österreichs schlechte Performance verbessern? Die meisten Menschen würden hier wahrscheinlich ganz einfach an politische Interventionen denken. Gesetze im Bezug auf Philanthropie können relativ leicht verändert werden und die bereits zitierte Studie bescheinigt Österreich diesbezüglich auch einen gewissen Fortschritt in den letzten Jahren. Ich hingegen würde argumentieren, dass eine Diskussion dieser Art – auch wenn sie natürlich sehr wichtig ist – letzten Endes nicht den Kern des Problems trifft. Letzten Endes wird die Neigung von Menschen, anderen zu helfen und den Ärmsten einer Gesellschaft auszuhelfen, wohl nicht maßgeblich von den Institutionen eines Staates, sondern viel eher von den moralischen Vorstellungen und kulturellen Normen, beeinflusst werden. In demokratischen Staaten sollte das vorherrschende rechtliche Umfeld hauptsächlich durch die Einstellungen und Ansichten der Wähler zu Stande kommen.
Man kann einen ersten interessanten Hinweis darauf, was Philanthropie maßgeblich fördert, bekommen, indem man sich den Zusammenhang zwischen philanthropischer Aktivität (gemessen durch den World Giving Index) und ökonomischer Freiheit vergegenwärtigt. Die 5 Staaten mit dem höchsten Aufkommen von wohltätigen Zuwendungen (Neuseeland, Australien, Großbritannien, Irland und die Vereinigten Staaten) finden sich auch unter den 15 Staaten mit der höchsten wirtschaftlichen Freiheit (gemessen nach dem Index der Heritage Foundation) wieder. Ebenso verfügen die Niederlande und Kanada, Staaten die bereits eingangs erwähnt wurden da sie extrem gute rechtliche Rahmenbedingungen für Philanthropie bereit stellen, über sehr freie Ökonomien. (17te und 6te Stelle) Natürlich können diese Zusammenhänge teilweise mit materiellen Einflussgrößen erklärt werden. Schließlich ist der positive Zusammenhang zwischen Wohlstand und wirtschaftlicher Freiheit gut dokumentiert, und es erscheint sehr plausibel dass Bewohner reicher Staaten es sich ganz einfach leisten können, höhere Summen für wohltätige Zwecke abzugeben. Dies erklärt aber wahrscheinlich noch nicht alle Effekte, die diesbezüglich wichtig sind. So ist es auch relativ leicht nachzuvollziehen, wie in interventionistischeren Volkswirtschaften private zivilgesellschaftliche Organisationen schlichtweg durch Regierungseinrichtungen ersetzt werden. Wie es der Nobelpreisträger Milton Friedman so schön ausgedrückt hat: „Wohlfahrtstaaten können definitiv private Einrichtungen zur Bereitstellung von Sozialhilfe, welche viel effizienter, viel anteilnehmender und viel personenbezogener sind, zerstören.“ Aber staatliche durchgesetzte Umverteilung kann nicht nur private Sozialfürsorge, welche möglicherweise wirkungsvoller und finanziell nachhaltiger funktioniert, verdrängen, sie könnte auch einen gewissen Zusammenhalt und Gefühle der Solidarität unter den Staatsbürgern aushöhlen.
In Österreich nimmt sich der Staat bis zu 50% des Lohneinkommens von berufstätigen Bürgern. (aber 2016 werden es sogar 55% sein) Konsum, Kapitalerträge und viele andere angenehme Dinge des Lebens, sind auch sehr hoch besteuert. Allgemein eignet sich der Österreichische Staat ungefähr 53% des Bruttoinlandsproduktes an. Die Hälfte dessen wird zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, für Verteidigung und frivole Subventionen an Großbetriebe ausgegeben – ein gewisser Teil davon verschwindet natürlich auch unwiderruflich im bürokratischen Dschungel. Die andere Hälfte wird für Umverteilung und wohlfahrtsstaatliche Aktivitäten ausgegeben. Ist es daher nicht auch irgendwie verständlich, dass Österreicher und Österreicherinnen keinen sehr großen Drang zur Wohltätigkeit verspüren, da 25% ihres Einkommens ohnehin schon für den Wohlfahrtsstaat aufgewendet werden? Die exzessive Besteuerung verringert nicht nur die Mittel, die für Philanthropie zur Verfügung stehen würden, sie verringert auch die wahrgenommene Notwendigkeit dieser. „Warum sollte ich etwas geben? Ich zahle sowieso schon für die Arbeitslosen“ oder „Der Staat kümmert sich um die Armen“ sind beides Sätze, die für Österreichische Ohren nur all zu bekannt klingen dürften. Es geht hier nicht darum, Menschen ihrer Knauserigkeit anzuklagen. Auch sage ich nicht, dass Wohlfahrtsstaaten die moralische Basis ein Gesellschaft notgedrungen aushöhlen müssen. Aber es erscheint mir dennoch sehr wichtig zu sein, sich zumindest darüber Gedanken zu machen, inwiefern hohe Besteuerung und ein großes Ausmaß an Umverteilung die Neigung, sich um Mitmenschen zu kümmern und ihnen auf freiwilliger Basis zu helfen, reduzieren könnten. Bei der Gestaltung von Sozialpolitik sollten Aspekte dieser Art zumindest eine gewisse Rolle spielen.
Abschließend kann gesagt werden, dass die Erkenntnisse des CGP bezüglich der Möglichkeiten für Philanthropie in Österreich durchaus als problematisch angesehen werden können. Im Vergleich zu anderen Staaten setzt unsere Regierung zu geringe Anreize für Wohltätigkeit und hält diese durch komplizierte Registrierungsverfahren teilweise sogar akitv zurück. Die vom CGP vorgeschlagenen rechtlichen Anpassungen sind also durchaus wünschenswert. Langfristig betrachtet wird es aber wesentliche Veränderungen in den Einstellungen der Menschen brauchen. Diese werden ziemlich sicher nicht ohne vorangehende Reformen von wohlfahrtsstaatlichen Einrichtungen und einem klaren Bekenntnis zu weniger staatlich durchgesetzter Gleichheit und mehr persönlicher Verantwortung und Freiheit seitens Österreichischer Politiker von statten gehen.
Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.
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