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Leistung im Schulsystem: Live aus dem Klassenzimmer

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von Robert F. Kennedy

 

Man kann Menschen alles nehmen, nur nicht die letzte menschliche Freiheit sich zu den gegebenen Verhältnissen so oder so einzustellen – Viktor Frankl

In meiner Generation (die sogenannte Generation Z) breitet sich eine Krankheit aus – und damit meine ich nicht COVID-19. Damit meine ich eine Krankheit des Denkens, am besten verkörpert durch linksextreme Bewegungen, doch eine, die auch unter vielen meiner Schulkollegen und Gleichaltrigen zu finden ist.

Meine Generation, wie viele andere zuvor, scheint die Absicht zu haben, die Welt einen besseren Ort zu machen. Nur werden dazu leider oft die falschen Mittel benutzt. Obwohl die Art zu denken, welche diese Gruppen und Personen charakterisiert, aus einer guten Absicht heraus stammt, führt sie in den allermeisten Fällen zu einer Verschlechterung der Situation, die man verbessern wollte. Wenn man Fensterscheiben einschlägt, politische Gewalt ausübt und seine Kritiker zensiert, wird man das Problem nicht lösen, egal, wie lobenswert oder nobel das Motiv dahinter ist.

Dazu kommt, dass die Probleme, über die es meiner Generation nötig erscheint, Fenster einzuschlagen, meistens von fragwürdiger Relevanz sind. Anstatt uns gegen die Frauenfeindlichkeit im Islam oder Sexsklaverei in Südostasien einzusetzen, beschweren wir uns darüber, dass die Temperatur in Büros an die natürliche Körpertemperatur von Männern und nicht an die von Frauen angepasst ist, und dass mehr Männer Programmierer werden wollen als Frauen.

Dass wir uns so sehr über wenig relevante Dinge aufregen, und die wirklich relevanten ignorieren, dass wir unsere Emotionen gegenüber politischen Feinden nicht kontrollieren können, dass viele von uns in einer Monokultur der Meinungen leben, das ist alles ein Symptom einer Krankheit des Denkens, die viele von uns fest in ihrem Griff hat. Nämlich die der mangelnden Tugend, die Ablehnung jeglicher Art der Eigenverantwortung und ein erschreckendes Fehlen der Integrität.

Ideen wie die der alten griechisch-römischen Philosophen und deren modernen Gleichgesinnten werden abgelehnt, mit der Begründung, dass sie alle nur „alte weiße Männer“ sind. Kaum ein Jugendlicher wird sagen können, wer Marc Aurel ist. Wenn jemand aus meiner Generation noch ein Buch liest, ist es von Hegel, Marx oder Žižek.

Das Fundament von Ideen wie den Kommunismus und den Faschismus ist, dass andere am eigenen Leid die Schuld tragen, also genau das Gegenteil von dem, was Stoa wie Marc Aurel lehrten. Es steht sogar im Namen geschrieben: Anti-Faschisten, die Faschisten sind an unserem Leid schuld, nicht wir! Die Welt wird als Nullsummenspiel betrachtet, wobei die Bourgeoisie, die Juden, die Rechten oder der Kapitalismus unterdrückt und das Proletariat, die Linke oder der Sozialismus sich dagegen wehren muss. Es entsteht ein Machtkampf, wobei die jeweiligen Seiten die Schuld für das eigene Leid auf die andere schiebt. Es entsteht eine Opferkultur: Man wirbt damit, dass man unterdrückt wird und nichts dagegen tun kann. Je unterdrückter, desto besser, denn dann bekommt man von seinen Gleichgesinnten mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung.

Ganz fundamental ist das ein Problem, weil die andere Seite – also die Unterdrücker – nicht in der eigenen Macht steht, und man deswegen nichts dagegen tun kann, zumindest nichts Effektives. Man könnte die andere Seite zensieren und schikanieren, aber die Geschichte zeigt uns, dass diese Methoden nie wirklich den gewollten Effekt erreicht haben, moralische Bedenken einmal beiseite. Also bleibt einem nur eine Option: unterdrückt und depressiv zu bleiben. Ideologien, die darauf aufbauen, andere für die eigenen Probleme verantwortlich zu machen, halten ihre Angehörigen immerwährend in einem Zustand des Leidens. Denn sie haben sich eine Aufgabe gestellt (die Bourgeoisie vernichten, die Utopie einführen), über die sie keine Kontrolle haben. Wenn immer etwas Externes am eigenen Leid die Schuld trägt, wird man für immer leiden, denn wie es Epiktet sagte:

Einige Dinge stehen in unserer Macht, andere hingegen nicht. In unserer Macht sind Urteil, Bestrebung, Begier und Abneigung, mit einem Wort alles das, was Produkt unseres Willens ist. Nicht in unserer Macht sind unser Leib, Besitz, Ehre, Amt, und alles was nicht unser Werk ist. Was in unserer Macht ist, ist seiner Natur gemäß frei, kann nicht verboten oder verhindert werden; was aber nicht in unserer Macht steht, ist knechtisch, kann verwehrt werden, gehört einem anderen zu.

Wenn man selbst nichts gegen seine Probleme unternehmen kann, bleibt einem nur die Option, sich darüber aufzuregen oder andere dafür verantwortlich zu machen. Es ist wahrhaftig erstaunlich, wie viele Probleme wir in der Welt sehen, und wie wenige in uns selbst.

Wie solches Denken entsteht und warum es in meiner Generation häufiger vorkommt beschreiben die Psychologen Jonathan Haidt und Greg Lukianoff in ihrem Buch The Coddling of the American Mind in Bezug auf die Vereinigten Staaten, doch gilt dasselbe auch in vielerlei Hinsicht für Österreich. Nämlich die Art und Weise, wie wir erzogen wurden – von unseren Eltern und auch von unserem Schulsystem.

Ich gebe als Beispiel die Geschichte einer meiner Freunde, der in eine öffentliche Schule in Niederösterreich die dritte Unterstufe besuchte. Er hielt mit zwei Mitschülern im Deutschunterricht eine Präsentation zu einem Buch, das die Gruppe lesen musste, doch war er der Einzige, der es wirklich tat. Als er mit seinen zwei Klassenkameraden die Präsentation gab, fiel der Lehrkraft natürlich auf, dass er am meisten gesprochen hat und am meisten über den Inhalt wusste. Man würde erwarten, dass er dafür mit einer besseren Note belohnt werden würde, doch war das nicht der Fall – er bekam eine schlechtere. Als er wissen wollte, warum, sagte ihm die Lehrkraft, dass er zu gut gewesen sei. Er hatte durch seine ausgezeichnete Leistung seine zwei Kollegen schlecht aussehen lassen. Und das machte die Präsentation als Ganzes schlechter.

Laut österreichischem Gesetz soll die Note befriedigend gegeben werden, wenn der Schüler alle Aufgaben des Unterrichts erfüllt. Die Noten gut und sehr gut sind nur bei hervorragender Leistung zu vergeben. Doch wenn man sich österreichische Schulen ansieht, würde man kaum glauben, dass es so ein Gesetz gibt. Generation Z ist mit geschenkten Noten aufgewachsen: Wenn man – laut Gesetz – einen Dreier verdient, kriegt man in der Regel einen Einser. Wenn man auf Grund von schlechter Leistung von der Schule geworfen werden sollte, wird man mit der Klausel belohnt. Ich habe einige Schulkollegen, die nie gelernt haben, hart zu arbeiten, denn sie wurden jedes Jahr von gut beabsichtigten Lehrern durchgelassen, wenn sie eigentlich ein nicht genügend verdient hätten. Schüler rauchen auf dem Pausenhof Cannabis oder trinken aus einer Thermoskanne im Unterricht Alkohol. Wie sollen wir jemals etwas lernen, wenn solches Verhalten nicht nur geduldet, sondern auch entschuldigt wird?

Indem unsere Schulen meine Generation mit viel Empathie und Verständnis gegenüber schlechtem Verhalten erzogen hat, hat man unsere Fähigkeit zur Arbeit zerstört. Die Basis unseres modernen Wirtschaftssystems, die Konkurrenz, fehlt meiner Generation komplett. Wir haben gelernt, uns an den Durchschnitt anzupassen, von unseren Lehrern für gar nichts belohnt zu werden und dass wir perfekt sind. Warum hätten wir denn sonst Einser? Kein Wunder, dass meine Generation der Meinung ist, die Welt retten zu können.

Wie sollen wir uns selbst verändern? Was sollen wir anders machen? Wie sollen wir das Gegenmittel zu dieser Krankheit des Denkens, die stoische Tugend, anwenden? Sollten wir erwachsen werden wollen, müssen wir die obigen Worte des Epiktet akzeptieren. Sollten wir uns gegen die Schwäche, die Untätigkeit, die Faulheit und der Depression stellen wollen, die aus dem Gegenteil des stoischen Denkens resultiert, müssen wir uns den Grundhaltungen des Stoikers geben: die Apathie, sich von nichts überwältigen zu lassen, die Ataraxie, sich von nichts erschüttern zu lassen, die Autarkie, sich selbst genug zu sein.

Wenn wir uns dafür entscheiden, uns selbst in Betracht zu nehmen, entscheiden wir uns auch dafür, ein besseres Leben zu führen. Nämlich eines nach den stoischen Prinzipien der Tugend. Nach diesen Prinzipien der Apathie, der Ataraxie und der Autarkie zu leben, wird uns gedanklich befreien, denn plötzlich haben wir die Fähigkeit, etwas zu verändern, denn unsere eigenen Haltungen, Gedanken und Handlungen sind unter unserer eigenen Kontrolle. Verbessern wir uns selbst, bevor wir uns über die Welt beschweren, denn in unserer Macht stehen nur wir selbst, nicht die Welt.

Robert F. Kennedy ist ein wissenschaftlicher Assistent des Austrian Economics Center und des Friedrich A. von Hayek Instituts.

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Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.

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