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Internationaler Vergleich zeigt: Österreich muss Steuersystem verbessern

Während Bundespräsident Van der Bellen es darauf anzulegen scheint, eine umstrittene Steuer auf digitale Dienstleistungen in den Mittelpunkt der aktuellen EU-Ratspräsidentschaft zu stellen, gibt es in Österreich steuerliche Probleme, die mehr Aufmerksamkeit erfordern. In den letzten Jahren haben viele Länder – sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU – ihre Steuersysteme modernisiert, um ihre Wirtschaft anzukurbeln und mehr Investitionen anzuziehen. Man sollte sich nichts vormachen: Es gibt einen Steuerwettbewerb zwischen den Ländern dieser Welt und Österreich muss seine Hausaufgaben besser machen. 

Ende Oktober veröffentlichte die Tax Foundation, ein in den USA ansässiger Think Tank, seinen International Tax Competitiveness Index (Internationalen Steuerwettbewerbsfähigkeitsindex) für das Jahr 2018. Diese Studie vergleicht in einer objektiven Art und Weise die Steuerpolitik der OECD-Länder – einschließlich von unternehmens- und personenbezogenen Steuern sowie Verbrauchs- und Vermögenssteuern und der steuerlichen Behandlung von weltweit erzielten Gewinnen. Das Ranking eines Landes im Index wird von zwei Faktoren bestimmt: Seine Neutralität oder das Ausmaß, in dem das Steuersystem wirtschaftliche Verzerrungen minimiert, und seine Wettbewerbsfähigkeit, die durch den Vergleich der Grenzsteuersätze zwischen den einzelnen Ländern bestimmt wird.

Dem Index zufolge liegt das österreichische Steuersystem auf Platz zehn der 35 OECD-Länder. Auf den ersten Blick scheint dieses Ranking, welches das Land insgesamt im oberen Drittel führt, für Österreich gar nicht so schlecht auszufallen. Ein genauerer Blick auf die Daten im Index zeigt jedoch einige eklatante Probleme des österreichischen Steuersystems auf.

Fangen wir einfach mit dem österreichischen Körperschaftsteuersatz an, der überdurchschnittlich hoch angesetzt ist. Dies ist ein problematischer Umstand, wenn man mit dem Rest der industrialisierten Welt konkurrieren will. Das System macht es auch sehr schwierig für Unternehmen, ihre Investitionskosten wieder einzuspielen. Dies ist ein weiteres Hemmnis für Unternehmen, in Österreich zu investieren oder zu expandieren.

Für die Menschen, die in Österreich arbeiten, ist das Steuersystem noch belastender. Zu Verdeutlichung dessen sei gesagt, dass im Jahr 2017 die durchschnittlichen Kosten für die Beschäftigung eines einzelnen kinderlosen Arbeitnehmers in Österreich fast 59.000 Euro betrugen. Dieser durchschnittliche Arbeiter oder Angestellte zahlte rund 6.600 Euro – oder etwa 11 Prozent der gesamten Arbeitskosten –an persönlichen Einkommenssteuern. Rund 14 Prozent der Gesamtkosten – etwa 8.200 Euro – schlugen als Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer zu Buche. Hinzu kamen rund 13.000 Euro – mehr als 22 Prozent der gesamten durchschnittlichen Arbeitskosten – die für die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung und zur Lohnsteuer in Beschlag genommen wurden. Alles in allem bedeutet dies, dass fast die Hälfte der durchschnittlichen Lohnkosten eines Arbeitnehmers in Österreich zur Zahlung von Steuern verwendet wird. Die Arbeiter bekommen also tatsächlich nur die Hälfte Ihrer Lohnkosten auf das eigene Konto ausbezahlt.

Um es kurz zu machen: Das Steuersystem erhöht die Kapitalkosten für die österreichischen Unternehmen mehr, als es beim Durchschnitt der OECD-Länder der Fall ist, während das personenbezogene Steuersystem – zu dem auch die Sozialversicherungsprogramme gehören – die Arbeitskosten dramatisch erhöht. Zusammengenommen belasten diese beiden Faktoren die Wirtschaft des Landes und die Fähigkeit, international konkurrenzfähig zu sein, erheblich.

Das sehen wir auch bei einem Blick auf die langfristigen Konjunkturtrends: Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum in Österreich ist seit Mitte der 1990er Jahre relativ konstant zurückgegangen. Die Arbeiter und Angestellten im Land leisten ständig mehr Arbeitsstunden, die in weniger Produktivität als in früheren Zeiten resultieren. Die Kapitalproduktivität – oder die Menge an Wachstum, die für jeden Euro privaten Kapitals herausspringt – gehört zu den niedrigsten in ganz Europa.

In manchen Bereichen sind die österreichischen Steuergesetze dagegen sehr wettbewerbsfähig. Zum Beispiel wird das internationale Steuersystem allgemein als sehr wachstumsfördernd gelobt, was sich auch im Index widerspiegelt. Darüber hinaus werden keine unnötigen Steuern auf angesparte Vermögen oder Erbschaften erhoben. Und das Mehrwertsteuersystem – von wenigen Ausnahmen oder komplizierten Sonderregelungen mal abgesehen – ist einfach und effektiv, was die extrem hohen Steuersätze teilweise wieder ausgleicht.

Aber wir dürfen uns trotzdem nichts vormachen, denn Österreich läuft Gefahr, hinter dem Rest der Welt zurückzufallen. Die Frage, die sich uns stellt, ist letztlich die Folgende: Was kann getan werden, um diesen Trend umzukehren? Erstens müssen die Körperschaftssteuersätze gesenkt werden. Die Körperschaftssteuer ist die schädlichste Steuer für Wirtschaftswachstum und Kapitalinvestitionen, und die österreichische Körperschaftssteuer ist schlicht und einfach zu hoch. Zweitens muss das Gewerbesteuersystem aktualisiert werden, damit die Unternehmen ihre Kapitalkosten schneller wieder einspielen können. Und drittens müssen die Arbeitskosten senken. Es muss für einen Arbeitgeber attraktiver gemacht werden, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Arbeiter und Angestellten einen größeren Teil der Gesamtarbeitskosten mit nach Hause nehmen können. Dies bedeutet, dass sowohl die Zinsen gesenkt werden müssen, als auch die Art und Weise, wie die Steuern für das Sozialversicherungssystem verwendet werden, einer offenen Diskussion unterzogen werden müssen.

Es besteht kein Zweifel daran, dass einige dieser Änderungen sich schwierig gestalten werden. Sie könnten es erforderlich machen, dass einige der Prioritäten unseres Landes neu bewertet und überdacht werden müssen. Aber wenn Österreich in der globalen Wirtschaft des 21. Jahrhunderts mithalten will, dann braucht das Land ein Steuersystem, das fit ist für das 21. Jahrhundert. Im Moment hat Österreich das leider noch nicht.

Daniel Bunn ist der Direktor für Globale Projekte bei der Tax Foundation.

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Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.

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