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Programmierter Stillstand bei Infrastrukturprojekten?

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Die Sinnhaftigkeit und die Zielsetzung von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) stehen außer Frage. Leider wird die UVP zunehmend dazu benutzt, um notwendige und mehrfach geprüfte Projekte zu verzögern oder überhaupt zu verhindern. Wenn Österreich seine Wettbewerbsfähigkeit und damit seinen Wohlstand behalten will, müsse vom Gesetzgeber schleunigst dafür gesorgt werden, dass die Verfahrensdauer ein Jahr nicht überschreitet. Das war die einhellige Meinung der Unternehmensvertreter beim hochrangig besetzten GSV Forum zum Thema „UVP-Verfahren Neu – Programmierter Stillstand bei Infrastrukturprojekten?“ gestern im Haus der Ingenieure in Wien.
Die vorgesehene Verfahrensdauer von einem Jahr steht nur auf dem Papier. In der Praxis dauern diese Verfahren aufgrund der zahlreichen Einspruchs- und Verschleppungsmöglichkeiten und komplexen Instanzenwege bis zu zehn Jahren und länger. Beispiele gefällig?
Im Jänner 2003 begann die ASFINAG mit der Erstellung eines Vorprojektes für die Fürstenfelder Schnellstraße (S 7). Baubeginn sollte, je nach Abschnitt, 2006 bis 2007 und die Verkehrsfreigabe zwischen 2009 und 2010 sein. Seit dem 20. Oktober 2016 hat die ASFINAG zwar endlich den zweitinstanzlichen Bescheid für beide Abschnitte in Händen, will dieses Projekt nun ausschreiben und 2017 zu bauen beginnen. Aber: es könnten noch die Höchstgerichte angerufen werden und diese anders entscheiden als das Bundesverwaltungsgericht.
Alexander Walcher, Geschäftsführer der ASFINAG Bau Management: „Die Schaffung des Bundesverwaltungsgerichtes wurde der Öffentlichkeit und den Unternehmen als Erleichterung und Beschleunigung der Behördenverfahren angepriesen. In der Praxis bringt dieses aber zusätzliche Unsicherheit!“ Die ASFINAG könnte, so Walcher, derzeit jährlich 100 bis 200 Millionen Euro mehr in Straßenprojekte investieren und damit Arbeitsplätze sichern bzw. schaffen, wenn Genehmigungen rascher vorliegen würden.
Ein weiteres prominentes Beispiel präsentierte Günther Ofner, Vorstandsdirektor des Flughafens Wien, die geplante dritte Piste. Dazu begann die Planung bereits 1999, eine rechtskräftige Genehmigung gibt es bis heute nicht. „Und das, obwohl der Flughafen Wien von Anfang darauf bedacht war, einen Konsens mit allen Beteiligten im Wege eines Mediationsverfahrens herzustellen und 2005 auch tatsächlich einen Mediationsvertrag abgeschlossen hat, mit dem der Flughafen zahlreiche Verpflichtungen übernommen hat!
Bis jetzt sind allein für den Flughafen 22 Mio. Euro an Verfahrenskosten angefallen. Ofner. „Es ist leider so, dass jeder mit auch minimalem juristischen Wissen durch verfahrensverzögernde Maßnahmen Schäden für die Volkswirtschaft in Millionenhöhe verursachen kann, ohne selbst ein Risiko einzugehen.“ In vielen Fällen stünden rein egoistische Einzelanliegen oder finanzielle Interessen dahinter und nicht berechtigte Umweltanliegen.
Von diesen verfahrenstechnischen Behinderungen sind keineswegs nur spektakuläre Großprojekte betroffen. „Bei einer Umfahrung mittels einer zweispurigen 15 Kilometer langen Landesstraße haben wir 1100 Auflagen bekommen“, gibt der Straßenbaudirektor Niederösterreichs, Josef Decker, zu bedenken.
„Und abgesehen davon, dass die Auflagen Landesstraßen mittlerweile um 10 bis 20 Prozent verteuern, haben diese Auflagen auch personalintensive Folgewirkungen. Es muss ja dafür gesorgt werden, dass diese Auflagen dauerhaft eingehalten werden.“ Während seit der Markteinführung des Smartphones sieben Jahre vergangen sind, fehlt es auch 25 Jahre nach dem Fall des eisernen Vorhanges an adäquaten Straßen- und Bahnverbindungen zu den einstigen Ostblockländern.
Decker: „Was wollen wir haben? Wohlstand und Wachstum? Dann dürfen wir nicht mehr zulassen, dass eine Minderheit die dafür notwendigen Infrastrukturprojekte blockiert!“
Wenig überraschend sind natürlich auch Kraftwerksbauten von dieser Thematik betroffen. Auch die VERBUND Hydro Power, die 127 Kraftwerke in Österreich und Bayern betreibt, musste die Erfahrung machen, dass die Verfahren wesentlich länger dauern als gesetzlich vorgegeben. Als Grund dafür ortet Herfried Harreiter neben der komplexen Abstimmung mit den Betroffenen auch mangelnde Ressourcen bei den Genehmigungsbehörden, insbesondere bei den Sachverständigen. Harreiter: „Durch die lange Verfahrensdauer wird die Unsicherheit bzgl. der Wirtschaftlichkeit eines Projektes weiter erhöht.“ In den letzten zehn Jahren gelang es der Hydro Power nur einmal, innerhalb des vorgesehenen einen Jahr die UVP-Genehmigung zu bekommen.
Zu der EU-Richtlinie zur UVP aus 1985 gibt es seit 2014 eine Änderungsrichtlinie, die zusätzliche (!) Prüfbereiche (Klimawandel, biologische Vielfalt, u.a.) schafft und die bis 16.Mai 2017 von allen Mitgliedsstaaten umzusetzen ist. Eine entsprechende Gesetzesnovelle geht in Österreich demnächst in Begutachtung. Wird das UVP-Verfahren damit endgültig zum Overkill für Infrastrukturprojekte?
Dazu Sabine Kühschelm, Leiterin der Gruppe Infrastrukturverfahren und Verkehrssicherheit im BMVIT: „Mit dieser Richtlinie wird die UVP jedenfalls umfangreicher und aufwendiger. Wir sehen einige Punkte sehr kritisch wie z.B., dass die Technik, die eingesetzt wird, gemäß Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) im Vorhinein bekannt sein muss. Laut Experten ist das auch gar nicht möglich. Das BMVIT ist jedenfalls bemüht alle Verfahren in seinem Zuständigkeitsbereich so rasch wie möglich abzuwickeln.

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Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.

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