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Report: Die Chinesische Wirtschaft im Licht der Österreichischen Schule

Die Chinesische Wirtschaft

Am 9. November war Professor Erich Weede, Emeritus für Soziologie der Universität Bonn, im Hayek Institut zu Gast. In seinem Vortrag widmete er sich der chinesischen Wirtschaftsentwicklung und analysierte diese anhand der Theorien großer Denker der Österreichischen Schule der Nationalökonomie.

Theorien müssen die Realität erklären

Prof. Weede begann mit einer erkenntnistheoretischen Bemerkung. Ganz im Sinne Karl Poppers führte er aus, Theorien müssen die Realität erklären und daher muss die Richtigkeit dieser Theorien an der Realität geprüft werden. Können die Theorien die Realität vernünftig erklären, spricht vieles dafür diese beizubehalten, zumindest so lange keine Theorie entwickelt wurde, die besser zu den beobachtbaren Tatsachen passt. Diese Theorien werden am besten an jenen Aspekten der historischen Realität gemessen, die nicht selbst zur Theoriebildung beigetragen haben. Davon kann man beim folgenden Vortrag ausgehen, da sich in diesem Fall die Theoriebildung teilweise vor dem untersuchten Zeitraum zugetragen hat und die Theorien außerdem in einem völlig anderen geographischen Bereich entwickelt wurden.

Bei den Theorien, die untersucht werden sollen, handelt es sich um Elemente der Werke von Mises, Hayek und Schumpeter. Zudem erinnert Prof. Weede an eine Einsicht von Adam Smith auf dem die Österreichische Schule schließlich teilweise aufbaut. Könnte man kein Eigentum erwerben, würde jeder so viel essen wie möglich und so wenig arbeiten wie möglich. Die Hoffnung auf Eigentumserwerb dient also als Arbeitsanreiz.

Der Wert impliziten Wissens

Die vorgestellten Einsichten von Friedrich August von Hayek, waren seine berühmten Ausführungen zu Wissen, das weit verstreut und nicht zentralisierbar ist. Dabei handelt es sich nicht nur um explizites Wissen, wie beispielsweise mathematische Formeln, sondern vor allem auch um implizites Wissen, wie beispielsweise die praktischen Arbeitserfahrungen eines Bauern, was wo angebaut werden soll, wann man säen und wann man ernten soll. Daher braucht es freie und dezentrale Entscheidungen, um dieses Wissen zu nutzen. Außerdem muss der Entscheidungsträger auch die Verantwortung für die gefällten Entscheidungen tragen, im positiven, so wie im negativen.

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Keine Fehlerkorrektur bei zentralisierten Entscheidungen

Zudem erlauben dezentrale Entscheidungen Fehlerkorrekturen, schließlich muss ein privater Unternehmer diese Fehler korrigieren, wenn er keine Verluste machen will. Werden diese Entscheidungen hingegen von einem zentralisierten Machtapparat getroffen, bestehen diese Anreize nicht. Der Professor Karl Deutsch formulierte es einmal so: „Macht bedeutet die Fähigkeit nicht zu lernen. Machthaber können sich, mit Aussicht auf Erfolg, gegen die Zumutung etwas dazu lernen zu müssen wehren.“

Darauf folgten die Einsichten von Ludwig von Mises aus seinem Buch „Die Gemeinwirtschaft“, dass uns der marktwirtschaftliche Preismechanismus Knappheitssignale gibt. Wird hingegen das Privateigentum an Produktionsmitteln abgeschafft, können diese nicht mehr gehandelt werden, daher kann es auch keine Preise geben, die die relativen Knappheiten signalisieren.

Zum Abschluss des theoretischen Teiles des Vortrags wurden Schumpeters Beiträge zum Unternehmertum vorgestellt. Die Aufgabe des Unternehmers besteht darin, ungenutzte Gewinnmöglichkeiten zu erkennen und zu nutzen. Wer Innovationen hervorbringt wird also in der Form des Gewinnes belohnt. Gleichzeitig fallen jene Unternehmen, die nicht innovativ sind, der „schöpferischen Zerstörung“ zum Opfer und müssen Platz für ihre Konkurrenten machen.

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Welche Faktoren beeinflussen die chinesische Wirtschaft?

Vor der Analyse der chinesischen Entwicklung, wies Prof. Weede noch auf die sogenannten „Vorteile der Rückständigkeit“ hin. Ärmere Volkswirtschaften können schneller wachsen als reichere Volkswirtschaften, da sie Technologien und Organisationsmodelle der wohlhabenderen Gesellschaften übernehmen könnten. Außerdem können ärmere Länder von den kaufkräftigen Nachfragern aus reicheren Ländern profitieren. Dies zeigte sich beispielsweise anhand der Tiger in Ostasien (Südkorea, Taiwan, Hongkong & Singapur)

Prof. Weede analysierte in der Folge drei wirtschaftshistorische Fragestellungen Chinas. Die erste lautete, wieso China den technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt, den es gegenüber Europa vor etwa tausend Jahren hatte, nicht halten konnte. So hatte China beispielsweise schon vor tausend Jahren eine pro-Kopf Eisenproduktion, die man in Europa erst Anfangs des 19. Jahrhunderts erreichte. Allerdings war China über weite Teile der Geschichte ein zentralisiertes Kaiserreich, das nur wenig wirtschaftliche Freiheit zuließ und Innovationen unterband.

Europa hingegen war weitaus dezentraler organisiert, was man als eine Art territoriale Gewaltenteilung interpretieren könnte. Denn so mussten die jeweiligen Herrscher und Fürsten zumindest ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Freiheit zulassen. Wenn ein Herrscher beispielsweise die Eigentumsrechte von Kaufleuten missachtet, würden diese in anderen Regionen tätig werden, und die das eigene Land würde weitaus weniger florieren. Im kaiserlichen China hingegen, waren im Wesentlichen alle Eigentumsrechte unsicher und unterlagen der Willkür des Kaisers.

In der Folge ging Prof. Weede auf die Zeit des „großen Sprungs nach vorne“, die größte Hungerkatastrophe der jüngeren Vergangenheit, ein. 1959 wurden die landwirtschaftlichen Betriebe zu riesigen Volkskommunen zusammengefasst. Märkte und Unternehmertum wurden vollständig zurückgedrängt. Dadurch wurde das bäuerliche Wissen durch zentralisierte Kaderentscheidungen ersetzt. Die Zentrale entschied was wann wo gesät und geerntet werden sollte, das diesbezügliche implizite Wissen der Bauern spielte keine Rolle mehr. Den Bauern wurde auch das Eigentum an Alltagsgegenständen, wie beispielsweise Kochtöpfen nicht mehr gestattet, stattdessen sollten sie kollektiv versorgt werden.

Ab 1979 wurde durch die Reformen von Deng Xiaoping ein chinesisches Wirtschaftswunder eingeläutet. In den letzten 40 Jahren ist die chinesische Volkswirtschaft um den Faktor 30 gewachsen. Dieses Wachstum ist auf mehrere Liberalisierungen zurückzuführen. Als erster Schritt wurde den Bauern ihr Eigentum teilweise zurückgegeben (wenn auch nicht rechtlich) und sie konnten selbstständig wirtschaften. Die Bauern folgten weiterhin einem zentralen Plan, allerdings durften Überschüsse auf lokalen Märkten verkauft werden. Ähnlich verhielt es sich in anderen Branchen, schrittweise wurden immer mehr Marktmechanismen zugelassen. Die Reformen führten also im Sinne von Smith, zu besseren Arbeitsanreizen, im Sinne von Hayek zur besseren Nutzung des lokalen Wissens, im Sinne von Schumpeter mehr unternehmerische Initiative zugelassen wurde und im Sinne von Mises Märkte zumindest teilweise zur Allokation von Ressourcen genutzt wurden.

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Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.

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