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Im Spannungsfeld Ökologie – Ökonomie – Soziales

Am 6. Juni 2018 besuchte uns Professor Günter Danhel, um über das Spannungsfeld „Ökologie – Ökonomie – Soziales“ zu sprechen. Lesen Sie anbei eine Zusammenfassung von Professor Danhel:

Nachhaltigkeit

Vor exakt 300 Jahren, im Jahr 1713, formulierte Hans Carl von Carlowitz in seinem Werk „Sylvicultura oeconomica“ das begriffsprägende Nachhaltigkeitsverständnis der Forstwirtschaft, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmäßige Aufforstung, durch Säen und Pflanzen nachwachsen konnte. Diese Definition lässt sich auf viele Bereiche übertragen.
Hans Carl von Carlowitz, * 14. Dezember 1645, Oberrabenstein; † 3. März 1714, Freiberg, war ein deutscher Kameralist, königlich-polnischer und kurfürstlich-sächsischer Kammer- und Bergrat sowie Oberberghauptmann des Erzgebirges. Er schrieb mit der Sylvicultura oeconomica, oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur wilden Baum-Zucht (1713) das erste geschlossene Werk über die Forstwirtschaft und gilt als wesentlicher Schöpfer des forstlichen Nachhaltigkeitsbegriffs.

Generationengerechtigkeit

„Generationengerechtigkeit“ meint (nach Max Wingen), dass jede Generation der nächsten mindest genauso viele Chancen und Handlungsspielräume hinterlassen sollte, wie sie selbst vorgefunden hat.
Der Begriff Generationengerechtigkeit umfasst die Wechselwirkungen des Handelns zwischen unterschiedlichen Generationen in einer Vielzahl von wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Themen und Bereichen. Gerechtigkeit ist ein grundlegendes Ordnungsprinzip der Gesellschaft. Sie besagt, dass jedem das Seine, d.h. jedem sein Recht zukommt, als Person anerkannt zu werden und ein menschenwürdiges Dasein zu führen.
Der Begriff Generationengerechtigkeit spricht ungleiche Lebensbedingungen zwischen den Angehörigen unterschiedlicher Generationen an. Er bezieht sich dabei überwiegend auf politische, soziale und ökologische Themenfelder. Dabei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei der Generationengerechtigkeit um eine ungewollte Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen handelt. Einer der Hauptursachen für die „GenerationenUNgerechtigkeit“ ist die gegenwärtige demographische Entwicklung. Auf Österreich lässt sich das Modell der Bevölkerungsurne anwenden. Hierbei nimmt die Zahl der älteren Menschen stetig zu, während die Anzahl an Kindern drastisch reduziert wird. Problematisch ist daran vor allem, dass die geringere Zahl der jungen Menschen die Kosten des sozialen Sicherungssystems (Pensionen, Pflege etc.) der zahlreichen älteren Menschen stemmen muss.
Das Konzept der Generationengerechtigkeit sollte stärker als bisher zum zentralen Prinzip der Politik und maßgebliche Koordinate von Nachhaltigkeitsstrategien werden.

Zusammenfassend basiert der Begriff der Generationsgerechtigkeit auf drei Ebenen:
1. Gerechtigkeit zwischen gegenwärtigen und zukünftigen Generationen
Gemeint ist hier die Gerechtigkeit zwischen Jung und Alt, heutiger und künftiger Generationen aber auch um Gerechtigkeit zwischen Angehörigen einer gemeinsamen Generation. Bezogen auf Letzteres ist zum Beispiel ein Gleichgewicht zwischen Eltern und Kinderlosen gemeint. Fragen der Generationengerechtigkeit werden somit ein zentraler Aspekt der Nachhaltigkeitsdebatte.
2. Gerechte Verteilung der Lebenschancen und -qualität
Generationsgerechtigkeit bedeutet in diesem Kontext die gleichmäßige Verteilung von Lebenschancen, materiellen Ressourcen und Lebensqualität unter den Generationen. Allerdings darf nicht vergessen werden: Die Freiheit jeder Generation ist durch die Verantwortung gegenüber künftigen Generationen begrenzt.
3. Zukunftsfähigkeit des sozialen Sicherungssystem
Im sozialen Bereich ist eine generationengerechte Gestaltung des sozialen Sicherungssystems von größter Wichtigkeit. So muss zum Beispiel die Pensionsversicherung (zB auf der Grundlage eines Drei-Säulen-Modells) zukunftsfähig ausgestaltet sein, sodass für das Wohl älterer Generationen gesorgt ist.

Generationenvertrag

Jeder Mensch durchläuft im Verlauf seines Lebens drei Phasen. Zunächst ist er Empfänger, dann Unterstützer und schließlich wieder Empfänger der Leistungen von anderen. Die Verflechtung der Generationen durch Leistungen und Gegenleistungen wird als Generationenvertrag bezeichnet, wobei dieser Vertrag nicht in schriftlicher oder anderer Form verbindlich niedergelegt ist. Eine wesentliche Voraussetzung für seine Wirksamkeit ist die freiwillige Bereitschaft zur Anerkennung der gegenseitigen Verpflichtungen der beteiligten Generationen. Dabei ist wichtig, dass am Generationenvertrag immer drei Generationen unmittelbar beteiligt sind, nicht nur zwei. Denn jeder Mensch empfängt zweimal in seinem Leben die Unterstützung durch andere Generationen, denen zwei Gegenleistungen an die Generationen seiner Eltern und seiner Nachkommen gegenüberstehen. So kann dieser Sachverhalt zutreffender mit dem Begriff „Drei-Generationen-Vertrag“ bezeichnet werden. Spricht man von einem „Zwei-Generationen-Vertrag“ dann wird dem Irrtum Vorschub geleistet, dass die mittlere Generation durch ihre Einzahlungen zum Beispiel in die gesetzliche Rentenversicherung, schon die Leistungen für ihre eigene Versorgung im Alter erbracht hätte. Die mittlere Generation gibt mit diesen Einzahlungen nur die von ihr in der Kindes- und Jugendphase empfangenen Leistungen an ihre Elterngeneration zurück. Ihre eigene Versorgung im Alter wird erst von der Generation ihrer Nachkommen erwirtschaftet. Die Funktionsfähigkeit des Generationenvertrages, bzw. die Sicherheit der Versorgung im Alter hängt daher entscheidend vom Größenverhältnis der aufeinander folgenden Generationen ab, die Versorgungsleistungen empfangen und erbringen. Dieses Größenverhältnis wird entscheidend von der Geburtenrate bestimmt. In ‚qualitativer‘ Hinsicht geht es auch um den Begriff der ‚Humanvermögens‘.

Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit

Für beiderlei Begriffe, Generationsgerechtigkeit als auch für Nachhaltigkeit, existieren eine Vielzahl an Definitionen. In beiden Fällen lassen diese jedoch großen Spielraum zu. Die Nachhaltigkeit nimmt im Kontext der Gerechtigkeit gegenüber zukünftigen Generationen Bezug zur Generationengerechtigkeit. Im Konzept der Nachhaltigkeit wird dieser Form der Gerechtigkeit eine dynamische Entwicklung zugeschrieben, während der Generationengerechtigkeit einen Idealzustand beschreibt. Es ergibt sich aus dem Postulat der Nachhaltigkeit die Forderung nach intra- und intergenerationeller Gerechtigkeit: Eine Politik, die jetzt keine Gerechtigkeit herstellen kann, ist ebenso wenig dauerhaft durchhaltbar wie eine Politik, die Probleme auf folgende Generationen abwälzt. Praktisch sind intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit Voraussetzungen für die Nachhaltigkeit einer Entwicklung. Theoretisch gründet sich die Forderung nach Nachhaltigkeit auf intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit als wichtigste normative Grundlagen. Intergenerationelle Gerechtigkeit impliziert in der aktuellen Debatte häufig einen Vergleich der Lebensbilanzen unterschiedlicher Generationen, der zur Rede von Kapital verleitet. Generationengerechtigkeit – der eingangs vorgeschlagenen Definition gemäß – als Gebot der Nicht-Benachteiligung verstanden, ist vielmehr als Leitprinzip zu begreifen, das eine prinzipielle Gleichbehandlung unterschiedlicher Generationen einfordert, nicht als Postulat einer mathematischen Gleichung mit verschiedenen Kapitalien.

Das Strukturproblem von Demokratien

Demokratien wohnt ein Strukturproblem inne: Es besteht eine Tendenz zur Bevorzugung der Gegenwart und zur Vernachlässigung der Zukunft. So müssen Lösungsansätze der politisch Handelnden bislang die Auswirkungen des Handelns für nachrückende Generationen nicht explizit berücksichtigen. Es besteht für die politisch Handelnden sogar ein Anreiz, zB durch eine übermäßige explizite und implizite Staatsverschuldung finanzielle Lasten von der Gegenwart in die Zukunft zu verschieben. In der Umwelt- und Energiepolitik reichen die Auswirkungen gegenwärtigen Handelns besonders weit in die Zukunft hinein. In begrenztem Umfang vorhandene Ressourcen werden ohne Rücksicht auf spätere Verfügbarkeit verbraucht; Risiken wie atomare Rückstände gefährden das Wohlergehen tausender zukünftiger Generationen. Investitionen in Bildung und Forschung sind ein weiterer unverzichtbarer Bestandteil generationengerechter Politik. Solche Investitionen in die Zukunft werden zu Gunsten von konsumtiven Ausgaben nicht getätigt. Bildungsinvestitionen ermöglichen Entwicklungs- und Verwirklichungsmöglichkeiten der jungen und zukünftigen Generationen. Jede Partei steht vor der Notwendigkeit, in kurzen Abständen Mehrheiten zu gewinnen und sich dabei an den Interessen der heutigen Wählerschaft zu orientieren. Menschen, die in Zukunft geboren werden, spielen dabei keine Rolle. Insofern haben Politiker aller Parteien, die über die nächste Wahl hinaus denken und eine langfristig angelegte Politik verfolgen, einen Wettbewerbsnachteil gegenüber politischen Konkurrenten, die kurzfristige Vorteile versprechen. Die Rahmenbedingungen für eine zukunftsgerichtete, generationengerechte Politik können durch eine Veränderung der Bundesverfassung verbessert werden. Der in jeder Demokratie strukturell angelegten Gegenwartspräferenz könnten dadurch Schranken gesetzt werden. Der politische Wettbewerb ist damit natürlich nicht beendet, sondern findet dann innerhalb der neuen Rahmenordnung statt.

Den ganzen Vortrag als Video finden Sie hier:

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