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Von Steuern, deren Vermeidung und der Moral

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Wie hoch dürfen Steuern sein? Was muss der Staat dafür leisten? Über Steuern und Moral führten Barbara Kolm, Präsidentin des Hayek Instituts, und Oliver Ginthör, Präsident des Bund der Steuerzahler, ein kleines Streitgespräch. Ein kurzer Rückblick.

„Erst kommt die Steuer, dann die Moral“. So könnte man das Zitat vom „Fressen, das zuerst kommt“ aus der Brechtschen „Dreigroschenoper“ auch umwandeln. Denn „unserem Staat“ scheint das Einheben von Steuern das Wichtigste zu sein. Die Moral kommt dann irgendwann.

Steuer und Moral. Unter diesem Titel lieferten sich jüngst Barbara Kolm, Präsidentin des Hayek Institutes, und Oliver Ginthör, Präsident des Bund der Steuerzahler (VÖS) ein kleines Streitgespräch in lockerer Cafehausatmosphäre. Wobei – viel zu Streiten gab es zwischen der „Hayekanerin“ Kolm und dem im Brotberuf als Steuerberater tätigen Ginthör eigentlich nicht. Wie der Staat arbeiten soll und wieviel Geld er seinen Bürgern abknöpfen darf und muss, sowie welche Leistungen er dafür erbringt, darüber gab es unter den Diskutanten – und auch dem Publikum – viele gemeinsame Ansichten.

Steuer und Verschwendung

„Steuern sind ein Eingriff in das Eigentum des Steuerzahlers, der nur unter bestimmten Voraussetzungen, also harten Kriterien, erlaubt sein darf – die Hoheitsgewalt des Staates darf nicht dazu führen, dass er hemmungslos in unsere Taschen greift“, hält Ginthör fest. Was schon Friedrich August von Hayek gut erkannt habe: (jeder) Staat neige dazu, immer größer und größer zu werden, mehr und mehr Aufgaben an sich zu ziehen. Und deshalb steige die Steuerquote stetig.

Die Frage der Moral sei ein zweischneidiges Schwert. „Ich glaube, dass es einen hohen moralischen Anspruch an den Staat gibt, mit diesem Treuhandgeld so umzugehen wie mit Fremdgeld, da darf es keine Lässigkeit geben und man darf das Geld nicht beim Fenster rausschmeißen“, so Ginthör. Im Gegensatz zur Steuerhinterziehung – früher eher noch ein Kavaliersdelikt, heute als Steuerbetrug mit hohen Haftstrafen versehen – habe man in Österreich in Sachen Steuergeld-Verschwendung noch zuwenig getan.

Ginthör sieht hier vor allem einen Punkt: Die Effizienz des staatlichen Verwaltungsapparates muss gesteigert werden. „Meiner Erfahrung nach ist die Verwaltung sehr unbeweglich, die Effizienz muss in vielen Bereichen hinterfragt, sie muss angehoben werden. Anders als Unternehmen braucht der Staat wesentliche länger, um sich an neue Aufgaben anzupassen – man denke nur an das Passwesen.“

Was sind die Aufgaben des Staates?

Für Barbara Kolm hingegen ist die erste und wichtigste Frage jene nach den Aufgaben des Staates: „Wenn wir diese nicht an erster Stelle beantworten, dann brauchen wir uns gar nicht zu überlegen, wieviel Geld eingehoben werden darf.“ Durch den Sozialismus der letzten Jahrzehnte seien die Aufgaben immer weiter angewachsen. „Eine Redimensionierung ist deshalb eine Grundforderung, alles muss kritisch hinterfragt werden, vom Kindergarten bis hin zur Schule. Wir haben nirgendwo einen Preiszettel auf den Leistungen des Staates – wenn wir es schaffen, diese anzubringen, sind wir schon ein Stück weiter.“

Dabei müssten aber auch positive Wirkungen von Abgaben berücksichtigt werden. Beispiel Studiengebühren, so Kolm: „Diese haben geholfen, dass Studien schneller abgeschlossen werden, die Absolventenzahlen sind gestiegen, das hat der Volkswirtschaft sehr genützt.“

Gewisse Bereiche, die der Staat zu regeln hat, stünden außer Frage. Wie etwa die Rechtsstaatlichkeit, die Sicherung des Rechtssystems oder innere und äußere Sicherheit (Exekutive, Heer). Oliver Ginthör sieht auch eine Grundversorgung im sozialen und gesundheitlichen Bereich sowie bei der Bildung (Schulen) als unumgängliche Staatsaufgabe. Ebenso bei der Infrastruktur: „Ein Hoch auf die Wiener Hochquellwasserleitung!“ Gerade was die Infrastruktur betrifft, müsse man aufpassen und aus begangenen Fehlern anderer Länder lernen, meint Barbara Kolm: „Die Engländer haben bei der Privatisierung der Eisenbahnen große Fehler gemacht – es wurden die Lizenzen vergeben, aber keine Erhaltungspflicht für die Schienenwege.“

Dass es generell wieder ein Mehr an Eigen- und Selbstverantwortung des Einzelnen braucht, das steht für beide Diskutanten außer Streit. „Man muss bei uns nicht alles zurückschrauben, aber effizienter machen“, so Ginthör einmal mehr. Und: „Wir müssen aufhören, diesem Staat das Gefühl zu geben wie bei einer Droge, dass er morgen mehr bekommt als gestern, und zwar automatisch – super, da brauch ich mir nicht zu überlegen, was abzubauen ist.“

Von Steueroasen und Steuerminimierung

Ist es unmoralisch, wenn Unternehmen versuchen, Steuern zu optimieren? Das sehen weder Kolm noch Ginthör so. „Aufgabe eines Unternehmensleiter ist es, im Rahmen der Gesetze Steuerabgaben zu minimieren“, so der Steuerberater. Ein positiver, offener Steuerwettbewerb verschiedener Standorte sei daher etwas Produktives – vorausgesetzt es herrscht Transparenz und „kein Gemauschel im Kammerl.“ Die Frage nach den (in der Öffentlichkeit) so negativ besetzten „Steueroasen“ werde mittlerweile, nach diversen Aufdeckungen sowie im Zeitalter der Digitalisierung, weit weniger problematisch gesehen: „Wer auf Malta ein Büro mit drei Experten betreibt, soll auch dort die Leistung verrechnen.“

Ein Fall von Doppelmoral ist es für Barbara Kolm jedoch, was den einstigen Finanzminister eines kleinen EU-Landes betrifft: Damals hatte dieser besondere Steuervorteile für Unternehmen eingeführt, die Folgen waren Reichtum für das Land. Heute, in seiner Funktion als Chef der EU-Kommission, hat derselbe Finanzminister „das verteufelt und den Stab gebrochen über jene Länder, die dasselbe für ihre Unternehmen gemacht haben.“ Steuervorteile zu gewähren sei jedoch, so Kolm, als positiver Standort-Wettbewerb unter den Ländern zu sehen.

Wünsche an und Druck auf die Regierung

„Was wir gemeinsam versuchen müssen ist, den Staat in seine Schranken zu weisen, ein Gegengewicht zu schaffen“, appelliert Oliver Ginthör. Er zeigt sich etwas enttäuscht von der jetzigen Regierung, insbesondere beim Thema Steuerreform: „Da wurde schon vor Jahren gesagt, ja wir sind gegen die Kalte Progression, jetzt wurde das wieder weit nach hinten geschoben.“ Man sei zwar generell am richtigen Weg, aber das müsse rascher gehen.

„Was schon im ersten Jahr passiert ist, viele kleine Dinge, in der Legistik und was in der Pipeline ist, das ist toll“, hält dem Barbara Kolm entgegen. Als erstes seien die Ausgaben massiv linear gestrichen worden, mit dem ersten Doppelbudget seien rund 2,4 Milliarden Euro eingespart worden. Und an „der Steuerreform wird gebastelt, da sind keine neuen Abgaben vorgesehen, die soll aus dem Budget heraus finanziert werden – ich gehe davon aus, dass ein effizientes, entlastendes und auch einfacheres Steuersystem präsentiert werden wird.“ Nachsatz: „Ja, ich hätte die Reform am liebsten zum 1.1.2019 gehabt, machbar wäre es gewesen, wäre etwa eine Flat Tax gewählt worden.“

Gerade letztere habe einst ein „gewisser Jörg Haider in Österreich zum Thema gemacht – und seither ist die Flat Tax bei uns so negativ konnotiert.“ Dabei bringe diese, so Kolm, in Wirklichkeit eine große Vereinfachung des Steuersystems, es gebe „nur wenige Ausnahmen, und nicht 1000ende wie jetzt.“ Obwohl einige EU-Länder durchaus erfolgreich eine Flat Tax umgesetzt haben (und Österreich nur deshalb etwa die KÖSt gesenkt hat), wird „diese in der EU negativ gesehen – hier werden immer nur höhere Sätze gewollt.“

Man müsse jedenfalls, so Ginthör, unsere „jetzige Regierung dabei unterstützen, sie auch unter Druck setzen, damit sie trotz der immer wieder von verschiedener, auch medialer Seite, kommenden Querschläge und Proteste den Nerv und die Stärke hat, den eingeschlagenen Weg konsequent zu gehen.“

Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.

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