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31.03.2020
Umweltschutz und der bizarre Jubel über das Coronavirus

von Kai Weiß
Das Coronavirus hat unser aller Leben zum Stillstand gebracht. Geschäfte und Restaurants sind geschlossen und in einigen Gegenden ist es sogar verboten, das eigene Haus zu verlassen. Die Wirtschaft schlittert in den Abgrund und Regierungen auf der ganzen Welt haben massive Wirtschaftspakete und drakonische Vorschriften für das öffentliche Leben umgesetzt, die normalerweise nur in Kriegszeiten zu finden sind. Tausende sind an den Folgen der Virusinfektion gestorben und Hunderttausende wurden infiziert.
Trotz des Ausmaßes dieser Tragödie, die uns noch lange verfolgen wird, sehen einige Menschen gerade in der Krise die mögliche Rettung. In der Tat scheinen einige die in ihren Augen positiven Aspekte der Ausbreitung des Virus über die Maßen zu begrüßen.
Umweltaktivisten sehen sich bestätigt. Venedigs Kanäle, sagen sie, sind endlich wieder klar. Delfine sind nach Italien zurückgekehrt. Die Stickstoffdioxidemissionen sind stark gesunken, und in China (insbesondere in Wuhan) sind die Kohlenstoffemissionen so stark gesunken, dass eine Studie darauf hinweist, dass die Ausgangssperre in China 77.000 Menschenleben gerettet hat.
Ein enthusiastischer Kommentator schreibt: „Wir haben jahrelang darüber gesprochen, wie wir mutig genug handeln können, um den Klimawandel einzudämmen. Jetzt liegt die Antwort vor uns und würde das Leben unserer Kinder weitaus besser machen.“
In einem anderen Tweet, der bislang über 1,4 Millionen Likes gesammelt hat, heißt es einfach: „Wir. Sind. Das. Problem.“ In einer Antwort darauf heißt es: „Diese ganze Situation könnte ein Wendepunkt für unsere Gesellschaft sein, um die Dinge richtig zu stellen.“ Und während sich die Erde erholt, ist eines klar: „Das Coronavirus ist der Impfstoff für die Erde. Wir sind der Virus.“
Der Jubel dieser Aktivisten und ihrer Millionen Follower ist makaber, während Tausende sterben, Millionen isoliert sind und weitere Millionen in einer großen Rezession finanziell ruiniert werden. Die Umweltschützer behaupten, dass „die Antwort vor uns“ eine vollständige und permanente Beschränkung unseres Alltagleben ist. Die Antwort für ihre Probleme ist also Massenarbeitslosigkeit, Massenarmut und ein massiver und dauerhafter wirtschaftlicher Niedergang. Das alles steht bevor, wenn die derzeitigen drastischen politischen Maßnahmen weiter anhalten (müssen).
Diese Sichtweise, die gegen Wohlstand und in vielerlei Hinsicht sogar gegen die Menschheit an sich argumentiert, ist nicht neu, auch wenn sie jetzt lauter und extremer erscheint als in der Vergangenheit. Viele Umweltschützer haben lange argumentiert, dass die Erde eine friedliche Oase wäre, wenn da nicht wir wären, die sie zerstören oder einfach beeinflussen würden.
Menschen sind jedoch kaum gewaltsame Eindringlinge in dieser Welt. Wir haben die Umwelt manchmal zum Besseren geändert, manchmal zum Schlechteren, aber wir sind schon sehr lange hier. Shawn Regan vom Property and Environment Research Center schreibt: „Praktisch alle Landschaften der Welt wurden und werden durch menschliches Handeln geprägt.“
Dies gilt, wenn wir den menschlichen Einfluss auf die Natur betrachten, auch für Gebiete, an die wir nicht an erster Stelle denken. Nationalparks wie Yellowstone werden von Menschenhand verwaltet und gestaltet. Das as Yosemite Valley in Kalifornien ist ebenso das Produkt menschlichen Handelns wie die Arbeit der Natur selbst. Amerikanische Ureinwohner prägten das Tal durch Feuerrodung der Wälder bevor Naturmenschen dort erstmals ankamen, berichtet Regan.
Auch das Argument der Nullsumme der Degrowth-Denker, die Wachstum prinzipiell ablehnen, ist völlig falsch. Es ist nicht richtig, dass jedes Wirtschaftswachstum auf Kosten größerer Umweltverschmutzung und Umweltzerstörung geht. Wachstum, Innovation und technologischer Fortschritt auf der Grundlage marktwirtschaftlicher Grundsätze sind auch der beste Weg für Fortschritte im Bereich Umweltschutz.
Dies mag zunächst paradox erscheinen, denn vermeintlich gilt: je mehr Wachstum, desto mehr nutzen wir die Ressourcen der Welt. Doch verbrauchen wir durch Wirtschaftswachstum nicht unbedingt mehr Ressourcen. Tatsächlich ermöglichen Innovationen uns oft, mit viel weniger viel mehr zu erreichen.
Privateigentum impliziert das Bestreben nach bestmöglicher Verwaltung, Erhaltung und Nutzung des Besitzes. Unternehmer werden durch das Profitmotiv dazu angeregt, in ihrem eigenen Interesse Ressourcen effizient einzusetzen. In der Tat geht es bei unternehmerischen Maßnahmen oft darum, aus weniger mehr zu generieren – d.h. die Produktion nachhaltiger zu gestalten. Innovationen und technologischer Fortschritt können und haben bereits zu einer grüneren Wirtschaft geführt.
Dies spiegelt sich auch im Vergleich der Volkswirtschaften von freien und totalitären Gesellschaften wider. Ehemalige Umweltsünder wie die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Westeuropa im Allgemeinen reduzieren ihre CO2-Emissionen ohne Wirtschaftseinbußen. Entwicklungsländer und insbesondere zentralistisch regierte Staaten, etwa China, zeichnen sich durch besonders umweltschädigende Wirtschaft aus.
Wirtschaftswachstum und Umweltschutz gehen zwar nicht immer Hand in Hand. Aber sie tun es oft und sicherlich auf lange Sicht. Die Korrelation ist zunehmend und wird auch künftig weiter steigen, dank marktwirtschaftlicher Prinzipien und Institutionen, die Unternehmer, Firmen und Einzelpersonen dazu anregen, umweltfreundlich und sauber zu handeln.
Die Coronavirus-Cheerleader blicken auf eine vermeintlich bessere Vergangenheit zurück, die es aber so nie gab. Ihr Eifer wäre sinnvoller eingesetzt, wenn sie nach realistischen politischen Lösungen suchen würden, anstatt eine Pandemie positiv darzustellen.
Dieser Artikel ist auf Englisch im Washington Examiner erschienen.
Kai Weiß ist ein Vorstandsmitglied des Friedrich A. v. Hayek Institut und der Research and Outreach Coordinator des Austrian Economics Center.
Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.
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