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25.01.2018
Die unendliche Geschichte der Besteuerung von Werbeleistungen

Bereits in der VWT-Ausgabe 3/2017 erregte sich der Haderer über die schon beinahe 100 Jahre dauernde Geschichte der Werbesteuer in Österreich. Nicht nur, dass es sich um ein österreichisches Spezifikum handelt, so stellt sich aufgrund der Höhe des Aufkommens und der unklaren Verwendung natürlich auch die Frage der Sinnhaftigkeit. Aber worum geht es eigentlich?
Anwendungsbereich
Ganz grundsätzlich handelt es sich um ein sehr schlankes Gesetz, welches mit gerade sieben Paragraphen auskommt.
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) führt auf seiner Homepage zu den steuerbaren Vorgängen des Werbeabgabegesetzes (WerbeAbgG) wie folgt aus:
„Als Werbeleistungen gelten:
- die Veröffentlichung von Werbeeinschaltungen in Druckwerken im Sinne des Mediengesetzes,
- die Veröffentlichung von Werbeeinschaltungen in Hörfunk und Fernsehen sowie
- die Duldung der Benützung von Flächen und Räumen zur Verbreitung von Werbebotschaften.
Nicht als Werbeleistung gilt jedoch:
Die mediale Unterstützung gemäß § 17 Abs. 7 des Glückspielgesetzes. Nicht der Werbeabgabe unterliegt die Werbung im Internet.“
Es versteht sich fast von selbst, dass diese Definition viele Fragen offen lässt. Anhand von drei konkreten Fällen sollen die Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Werbeabgabegesetzes beleuchtet werden.
Problemfälle
a) Online-Werbung
Nachdem diese nicht unter die drei Steuertatbestände subsumiert werden kann, verweist sogar das BMF auf deren Nichtsteuerbarkeit und dies obwohl es sich um ein rasant wachsendes Medium handelt. Die Kritik an dieser Ungleichbehandlung ist verständlich.
b) Werbekostenzuschüsse
Diese werden in der Praxis häufig auch als Druckkostenbeiträge bezeichnet. Es bedurfte einer höchstgerichtlichen Entscheidung, um eine Klärung der Steuerpflicht dieser Beiträge herbeizuführen. Der Verwaltungsgerichtshof hat am 26.3.2015 (2013/17/0093) folgende Entscheidung getroffen:
„Zur Prüfung der Frage, welches Entgelt für die Veröffentlichung von Werbebotschaften geleistet wird, ist darauf abzustellen, welche Leistung dem Werbeinteressenten von seinem Auftragnehmer für die Veröffentlichung in Rechnung gestellt wird. Leistet der Werbeinteressent ein Entgelt (nur) für die Herstellung des Werbematerials, übernimmt er aber dessen Veröffentlichung selbst, dann liegt keine steuerbare Werbeleistung vor. Leistet aber der Werbeinteressent (Auftraggeber) ein Entgelt für die Veröffentlichung (§ 1 Abs 2 Z 1 WerbeAbgG), liegt ein nach dem Werbeabgabegesetz steuerbarer Vorgang vor.“
c) Gemeinnützige Einrichtungen
Im Gegensatz zur Stammfassung enthält § 1 Abs. 3 WerbeAbgG keine Befreiung mehr für gemeinnützige Einrichtungen.
Das BMF behilft sich in den nicht rechtsverbindlichen Vereinsrichtlinien nun mit manch sonderbaren Regelungen, die auszugsweise wie folgt lauten:
„730 Nicht als Werbung im Sinne des Gesetzes sind Wortanzeigen im Fließtext zu verstehen. Raumanzeigen, die nach der Fläche verrechnet werden, sind als Werbung anzusehen. Ausnahmen: auf Grund gesetzlicher oder gerichtlicher Verpflichtung. Eigenwerbung fällt nicht unter die Werbeabgabe.
758 Bei unmittelbaren Sponsorleistungen an Sportvereine ist von keiner steuerpflichtigen Werbeleistung des Sportvereines auszugehen, wenn ein Paket von Leistungen umfasst ist, in dem neben an sich steuerpflichtige Leistungen (Werbetafeln, Dressenaufschrift u.Ä.) auch nicht steuerpflichtige Leistungen enthalten sind, z.B.: Autogrammstunden, Werbedurchsagen, Freikarten, Auftritte und Ähnliches. Beispiel: Bandenwerbung (= steuerpflichtige Leistung) unterliegt dann nicht der Werbeabgabe, wenn die Sponsorleistung im Zusammenhang mit einer Lautsprecherdurchsage (= nicht steuerpflichtige Leistung) in Form einer Paketlösung erbracht wird.
759 Nicht steuerpflichtige Leistungen sind: Namensnennung während einer Veranstaltung (Lautsprecherdurchsagen), „Geschenkkorb“ gegen Namensnennung, Internet-Präsenz, Autogrammstunden, Fototermine, freier Eintritt, Freikartenkontingent, Ankick bei einem Fußballspiel.
760 Typisch steuerpflichtige Leistungen wie Dressen- oder Bandenwerbung sind nicht steuerpflichtig, wenn sie in Form einer Paketlösung erbracht werden. Wenn daher neben steuerpflichtigen Leistungen auch nicht steuerpflichtige Leistungen in einer Sponsoring-Vereinbarung (= Paket) erbracht werden, ist keine Werbeabgabeplicht gegeben.“
Die Kritik an der Abgabe und den Unklarheiten war mannigfaltig.
Kritik
Es kann an dieser Stelle nicht auf alle vorgebrachten Aussagen eingegangen werden und daher werden stellvertretend ein paar herausgegriffen und dargestellt.
Am 9.6.2016 stellte der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband Österreichs an das Wirtschaftsparlament der WKO zwei Anträge: a) Ablehnung der Ausdehnung der Werbeabgabe auf digitale Werbeformen und b) Abschaffung der Werbeabgabe.
Die IAA (International Advertising Association) Austrian Chapter legte bereits im Jahr 1996 – auf Initiative ihres damaligen Präsidenten Dr. Walter Holiczki – eine von Prof. Dr. Helmut Kramer erstellte Studie vor, die eine dringende Empfehlung auf Überprüfung der Werbesteuern und auf ihre schrittweise Ersetzung nahe legte. Er bezeichnete die Hauptfunktion der Werbesteuern als klar skalisch und sie wirtschaftspolitisch als bedenklich. Unterstützt wurde diese Studie von folgenden Einrichtungen: Fachverband Werbung & Marktkommunikation, ORF, Österreichischer Zeitschriftenverband, Signum Verlag, Verband Österreichischer Zeitungsherausgeber und Zeitungsverleger.
Auf derstandard.at ist am 1.2.2017 Folgendes zu lesen: Die geplante Ausdehnung der Werbeabgabe auf Onlinemedien werde ihr Ziel verfehlen, nämlich ausländische Konzerne wie Google und Facebook zur Kasse zu bitten, prophezeit die Österreich-Sektion des Internet Advertising Bureau (IAB): „Eine Ausweitung der Werbeabgabe auf Onlinewerbung wird nur österreichische Medien treffen“, sagt IAB-Präsidentin Martina Zadina. Für Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), könnte die Gleichbehandlung hingegen ein „erster Schritt in Richtung Abschaffung der Steuer sein“.
Der Marketing Club Österreich (MCÖ) hält dazu aktuell Folgendes fest:
Mag. Niko Pabst (des. Geschäftsführer): Das Thema Werbeabgabe ist seit Jahren eigentlich allen Werbetreibenden, Auftraggebern etc. ein Dorn im Auge. Es gibt immer wieder Initiativen diese zu kippen. Das scheitert leider daran, dass man auf diese Steuereinnahmen nicht verzichten möchte. Wie praktisch alle Verbände in der Kommunikationsbranche ist auch der MCÖ kein Freund der Werbeabgabe. Warum ist Sie ein Dorn im Auge? Die 5% könnten tatsächlich für Werbung verwendet werden und Werte schaffen. Die Werbeabgabe ist für diverse Nischen und Teilbereiche der Werbung nicht klar definiert, es herrscht in einigen Bereichen keine Rechtssicherheit.
Mag. Georg Wiedenhofer (Präsident): Es gab schon unzählige Initiativen die Werbeabgabe zu kippen. Alle gescheitert. Problem ist nun die Ungleichheit, da die Web-Werbung nicht besteuert wird. Daher gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder die Steuer für alle abschaffen, oder die Internet-Werbung auch besteuern. Es scheitert derzeit an der Durchführbarkeit. Länderübergreifend: Facebook und Konsorten agieren aus Irland und anderen Ländern. Daher braucht es eine technische Lösung wie die Besteuerung praktisch durchgeführt werden kann.
Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VFGH)
Am 25.10.2017 hat der VfGH einen vorläufigen Schlusspunkt unter die Diskussion gesetzt.
„Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Herbstsession insgesamt 23 Beschwerden von Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen bzw. Radiostationen gegen die Werbeabgabe abgelehnt. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, für Werbung im Internet anders als für Werbung in Printmedien oder Radio keine Werbeabgabe einzuheben.
Wörtlich hält der VfGH fest: „Dem Gesetzgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er Online-Werbung, die in erheblichem Ausmaß durch Werbeleister vom Ausland aus erbracht wird, in Anbetracht der vom Werbeabgabegesetz erfassten Steuertatbestände (§ 1 Abs. 2 Z 1 bis 3 Werbeabgabegesetz 2000) im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes nicht in die Abgabepflicht nach dem Werbeabgabegesetz 2000 einbezieht.“
Am 30.10.2017 reagierte die WKO wie folgt auf diese Entscheidung:
„Als nicht nachvollziehbare Auslegung bezeichnete Günther Singer, Obmann des Fachverbandes Telekom, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vergangene Woche, die Beschwerde von 23 Medienhäusern gegen die Werbeabgabe abzulehnen. ‚Ich sehe dies nun als klaren Auftrag an den Gesetzgeber, die bestehende Wettbewerbsverzerrung zwischen neuen und klassischen Medien zu beseitigen‘, fordert Singer nachdrücklich. Hierzu zählen einerseits regulatorische wie auch steuerliche Rahmenbedingungen. Neben der Werbeabgabe führt auch die Künstlersozialversicherungsabgabe – diese trifft nur Kabel- und Satelliten-TV – zu einer einseitigen Belastung herkömmlicher Medien. Die nachhaltigste Lösung wäre, so Singer, diese „Orchideen-Steuern“, die österreichische Medienanbieter benachteiligen, gänzlich aufzuheben. ‚Das Digitale Zeitalter ist in der Wirtschaft und den Medien bereits längst Realität – nun ist es Zeit, dass auch der Gesetzgeber nachzieht‘, so Singer abschließend. (PWK838/ES)“
Und auf medienmanager.at ist am 31.10.2017 auszugsweise Folgendes zu lesen:
„Schockwelle. Der VÖZ (und seine Mitgliedsmedien) bedauern diese Ablehnung naturgemäß. ‚Die Entscheidung des VfGH ist als höchstgerichtliche Entscheidung rechtlich zu akzeptieren. Allerdings ist sehr bedauerlich, dass diese in einer sehr komplexen Materie offensichtlich ohne tiefe Befassung mit der faktischen Situation am Werbemarkt erfolgt ist, denn sie bestätigt die Wettbewerbsverzerrung, die wir seit Jahren aufzeigen‘, so VÖZ-Präsident Thomas Kralinger in einer ersten Stellungnahme.
Irritiert von der VfGH-Entscheidung zeigt sich auch Kronehit-Geschäftsführer und Präsident des Verbandes Österreichischer Privatsender (VÖP), Ernst Swoboda: ‚Ich finde diese Entscheidung sehr überraschend und vor allem irritierend. Vor allem die – knappe – Begründung ist für mich geradezu bestürzend und wirft für mich die Frage auf, ob wir uns in Österreich noch auf den Schutz der Verfassung durch den VfGH verlassen können. Diesen Schutz kann nur der österreichische Gesetzgeber bieten, von dem ich erwarte, dass er den vom VfGH angesprochenen Gestaltungsspielraum umgehend dafür nützt, endlich gleiche Regeln für alle Medienanbieter zu schaffen. Die künftige neue Bundesregierung müsse mit einem solchen ‚level playing field‘, gerade auch auf dem Gebiet der Abgaben, die Grundvoraussetzung für die Zukunft der österreichischen Medien in einem globalisierten Markt schaffen‘, fordert Swoboda nachdrücklich.“
Zusammenfassung
Der VfGH hat auf Basis der geltenden Rechtslage die Verfassungskonformität der Werbeabgabe bestätigt. Der vielfach geäußerte Ruf nach Abschaffung dieser „Luxussteuer“ bleibt bestehen und richtet sich nun an den Gesetzgeber. Er wird vom Autor dieser Zeilen, der diese nicht zuletzt auch in seiner Funktion als Schatzmeister der Austrian Marketing Confederation und des Marketing Club Österreich verfasst hat, geteilt. Sollte dieser Ruf ungehört verhallen, so wären de lege ferenda zumindest Klarstellungen wünschenswert und Ungleichbehandlungen zu beseitigen.
Dieter Welbich ist Schatzmeister der Austrian Marketing Confederation und des Marketing Club Österreich.
Quelle: Wirtschaftstreuhänder, 05-06/2017
Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.
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