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20.09.2023
Warum Österreich „Unbedingt“ Vermögenssteuern braucht – eine paradoxe Intervention

Markus Fichtinger, Senior Researcher bei ECONOMICA, analysierte die Forderungen und Versprechen, mit denen SPÖ und ÖGB neue Vermögenssteuern rechtfertigen und bewerben. Als deklarierter liberaler Marktwirtschaftler ist Fichtinger skeptisch, wenn es um neue Steuern geht, wollte die Argumente für Vermögenssteuern jedoch nicht sofort ablehnen und analysierte sie für uns. Neue Steuern sollten schließlich gut argumentiert werden.

Argument 1 – Ungleichheit
Österreich ist ein Land der Ungleichheit. Das reichste Prozent der Bevölkerung hat mehr Vermögen als die unteren 90 Prozent.
Die Statistik zeigt, dass diese Verteilung richtig ist, aber die polemische Interpretation der Politiker lehnt Fichtinger ab. An ehrlich erworbenem Vermögen ist nichts auszusetzen, man sollte sich dafür nicht schämen müssen. Fichtingers mathematische Analyse zeigte, dass auch das vorgeschlagene Steuermodell daran nichts ändern würde. Der Vermögenszuwachs über z.B. 10 Jahre fängt die Steuer auf und das Vermögen der „Reichen“ würde nicht dezimiert werden. Gleichzeitig würden die unteren Vermögensgruppen kein zusätzliches Vermögen erhalten. Fazit: kein Ausgleich der Ungleichheit.
Argument 2 – Wer trägt wieviel bei?
Vermögensbezogene Steuern tragen fast nichts zum gesamten Steueraufkommen bei. Arbeitnehmer leisten fast 80% aller Steuern.
Die OECD teilt Steuern in Kategorien ein: Einkommenssteuern, Sozialversicherungsbeiträge, Gewinnsteuern, Vermögenssteuern, Besitzsteuern und Finanztransaktionssteuern. Der Anteil der Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge in Österreich liegt bei ca. 30% der Steuereinnahmen und bei 14% des BIP. Bis zur Abschaffung machten Vermögens- und Erbschaftssteuer rund 1,7% der Steuereinnahmen und rund 0,6% des BIP aus. Vermögenssteuern waren immer schon Bagatellsteuern.

Argument 3 – Millionärssteuer treffsicher
Eine Millionärssteuer wäre sehr treffsicher und würde die reichsten 5% der Haushalte treffen. Kein Häuslbauer müsste also Existenzängste haben.
Für 90% der Top 5% besteht das Vermögen aus Wohnsitz und Unternehmensbeteiligungen und damit überproportional illiquiden Vermögensbestandteilen. Befürworter der Vermögenssteuer scheinen eine Vorstellung von Dagobert Duck mit Geldspeicher zu haben. Die Realität ist eine andere. Gebundenes Vermögen müsste erst liquide gemacht werden, was bei einem Unternehmen die Kündigung von Beschäftigten zur Folge haben könnte.
Argument 4 – Millionärssteuer für Investitionen in Sozialstaat
Eine Millionärssteuer würde 4-5 Mrd € pro Jahr bringen. Damit wären Investitionen in den Sozialstaat zur Bekämpfung der Klimakrise oder im Kampf gegen Arbeitslosigkeit möglich.
Um die Größenordnung besser einschätzen zu können: 4-5 Mrd € sind 1-1,2% der Wirtschaftsleistung. Vermögenssteuern gibt es in 13 der 38 Länder der OECD. Nur die Schweiz und Luxemburg weisen ein Steueraufkommen über 1% aus. Die durchschnittliche Abgabenquote dieser Länder liegt bei 36,4% des BIP, Österreich hat ohne Vermögenssteuer eine Quote von 42,2%. Damit hat Österreich schon jetzt genug Mittel um die politischen Ziele umzusetzen.

Argument 5 – Schere Arm-Reich schließen
Eine Millionärssteuer reduziert die Ungleichheit beim Vermögen und sorgt damit dafür, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch weiter auseinander geht.
Die jährlichen Erträge würden die zusätzliche Steuerbelastung für einen Haushalt ausgleichen, somit ändert sich nichts an dessen Vermögen und auch nichts an der Verteilung. Es sei denn, das Vermögen wird ins Ausland transferiert, was aber auch die Einnahmen in anderen Steuerkategorien senken würde. Dieses Argument bedient die Wählerschaft, die in den letzten Jahren gegen die Reichen aufgehetzt wurden.
Argument 6 – kein Mittelstand
Im Gegensatz zur Einkommensverteilung gibt es bei der Vermögensverteilung keinen „Mittelstand“. Ein paar wenige haben sehr viel, während ein Großteil wenig oder sehr wenig hat.
4% des Vermögens verteilt sich auf die Hälfte der Bevölkerung, aber es gibt doch eine Mitte, die mehr als 50 % des Vermögens besitzt. Den Rest teilen sich die Top 5%. Diese 5% haben ihr Vermögen durch Einkommen erwirtschaftet. Die untere Hälfte der Beschäftigten verdienen 18% des Bruttoeinkommens, das in Österreich generiert wird und leistet dafür 3,8% des Lohnsteueraufkommens. Die obere Hälfte verdient 82% des Bruttoeinkommens, leistet aber auch 96% des gesamten Lohnsteueraufkommens. Wie sorgt da eine zusätzliche Steuer für mehr Gerechtigkeit?

Argument 7 – Vermögen entsteht durch Erbschaft
Vermögen entsteht hauptsächlich, weil man zu steuerfreien Erbschaften kommt. Eine vermögende Familie bietet viele Vorteile, was zu höherem Einkommen führt. Damit wird die Ungleichheit zwischen Arm und Reich weiter einzementiert. Mit einer Reichensteuer könnte der Sozialstaat besser ausgebaut werden.
Der Faktencheck zur ersten Behauptung ergibt: Vermögen entsteht ausschließlich durch unternehmerische Tätigkeit. Bei einer Erbschaft wechselt es nur den Besitzer. Die zweite Behauptung suggeriert einen schlecht ausgebauten Sozialstaat. Doch Österreichs Sozialabgaben bringen uns im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung auf Platz 2 der OECD Länder. Wir haben bereits einen breit ausgebauten Sozialstaat.
Argument 8 – Geld bringt Einfluss
Reiche nutzen ihr Vermögen oft auch für Macht und Einfluss auf die Politik. So können Reiche für sie günstige Gesetze erwirken und gefährden damit die Demokratie. Eine Millionärssteuer könnte diesen Praktiken entgegenwirken.
Diese Behauptung wird ohne Beleg publiziert und klingt nach Verschwörungstheorie. Und sie stellt sämtliche Abgeordnete zum Nationalrat unter Generalverdacht der Korruption. Frank Stronach war der einzige Milliardär, der Politik machen wollte. Sein Team Stronach war nur vier Jahre im Nationalrat vertreten, aber nicht sehr erfolgreich.

Argument 9 – Gleichheit = Glück
Studien zeigen: Je mehr Gleichheit man bei der Verteilung von Vermögen erreicht hat, desto glücklicher sind Gesellschaften.
Wieder werden keine Studien zitiert. Glück lässt sich schwer quantitativ erfassen. Laut World Happiness Index liegt Österreich von 138 Staaten an 11. Stelle, und das ohne Vermögenssteuern. Da ist nicht zwingend ein Zusammenhang herauszulesen.
Fazit
Kein einziges Argument pro Vermögenssteuer war stichhaltig. Die Wirkungen – mehr Gerechtigkeit, Objektivität, Glück, sind in den Ländern, die Vermögenssteuern haben, nicht erkennbar. Außerdem werden weitere wichtige Aspekte nicht berücksichtigt, etwa die Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich und auf das Wirtschaftswachstum, wenn Vermögen abfließt. Es hatte einen guten Grund, warum Vermögenssteuern in Österreich abgeschafft wurden.

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Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.
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