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10.10.2021
Der WHO-Angriff auf Alkohol ist eine schlechte Idee

Autor
Dies ist die deutsche Übersetzung unseres Beitrags zur Debatte über den globalen Alkohol-Aktionsplan der Weltgesundheitsorganisation, hier publiziert von der WHO. Das englische Original kann hier gelesen werden.
„Der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumengen befugt ist, der ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gemeinschaft rechtmäßig ausüben darf, der ist: die Schädigung anderer zu verhüten. Das eigene Wohl, sei es das physische oder das moralische, ist keine genügende Rechtfertigung. Um das zu rechtfertigen, müsste das Verhalten, wovon man ihn abbringen will, darauf berechnet sein, anderen Schaden zu bringen. Nur insoweit sein Verhalten andere in Mitleidenschaft zieht, ist jemand der Gesellschaft verantwortlich. Soweit er dagegen selbst betroffen ist, bleibt seine Unabhängigkeit von Rechts wegen unbeschränkt. Über sich selbst, über seinen eigenen Körper und Geist ist der Einzelne souveräner Herrscher.“
John Stuart Mill: Über die Freiheit (1859)
Was ist die eigentliche Aufgabe des Staates? Dies ist eine wichtige Frage, die wir heutzutage nicht oft genug stellen. Der britische Philosoph John Stuart Mill argumentierte bereits im 18. Jahrhundert, dass der Staat sich im Allgemeinen nur mit der Bestrafung von Verbrechen befassen sollte, wenn ein Individuum einem anderen schadet. Mills Schadenprinzip argumentiert, dass, so lange Dritte durch die eigenen Handlungen nicht geschädigt werden, der Staat keine Rolle bei der Verhinderung von „Selbstverletzung“ spielen sollte. Laster sind keine Verbrechen – es gibt kein einziges objektives Ziel, das dem Ideal eines jeden Einzelnen entspricht. Freiheit sollte in diesen Fragen dominieren.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wagt es, diese Grenzen zu überschreiten, indem sie sich für die Durchsetzung weltweit einheitlicher Regeln und Besteuerungssysteme für den Alkoholkonsum ausspricht, so auch in ihrem Vorschlag für eine „globale Strategie zur Verringerung des schädlichen Alkoholkonsums“. Obwohl das Ziel der WHO „die Erreichung des höchstmöglichen Gesundheitsniveaus für alle Völker“ ist, ist unklar, warum wir glauben sollten, dass dies die Aufgabe von Regierungen sein sollte – egal ob die Regierung supranational oder regional ist. Sollte das Erreichen des „höchstmöglichen Gesundheitsniveaus“ nicht die Aufgabe des Einzelnen sein, wenn er oder sie danach streben will? Würde eine legislative Vorangehensweise. welche argumentiert, dass Gesundheit, also ein Leben in Glück und Fröhlichkeit, exakt gleich ist überall auf der Welt, egal was die lokalen Umstände sind, zu sehr in das Leben eines Individuums eingreifen?
Ob moralisch verwerflich oder nicht, die WHO deklariert als “mutiges und ambitioniertes Ziel” einen „20-prozentigen Rückgang des Alkoholkunsums pro Kopf bis 2030“. Die Hoffnung, dass jeder Mensch seinen Alkoholkonsum in weniger als einem Jahrzehnt um 20 % senken soll, ist absurd. Wenn es so einfach wäre, warum haben die Regierungen der Welt dies nicht schon längst getan? Hinzu kommt, dass der Pro-Kopf-Verbrauch von Alkohol in den letzten zwei Jahrzehnten weltweit drastisch gestiegen ist. Dieser Vorschlag ist also sicherlich mutig und ehrgeizig, aber realistisch ist er nicht. Es stellt sich also die Frage, woher die WHO die Zuversicht nimmt, dass ein solches Ziel erreichbar und umsetzbar ist?
Stellen wir uns jedoch vor, dass diese Zielsetzung politisch umgesetzt wird. Wenn solche Regelungen auferlegt werden, wird kaum ein Mitgliedstaat diese erfüllen können. Selbst wenn dies der Fall ist, werden die Schwarzmärkte blühen und die Ziele werden so unerreichbar sein wie eh und je. Wenn es nicht gelingt, den Alkoholkonsum einzudämmen, könnte dies die Tür für weitere Belastungen und Regulierungen öffnen. Denn jedes Mal, wenn es den Regierungen nicht gelingt, ein Problem zu lösen, ist die Lösung sich noch mehr darauf zu fokussieren und noch mehr zu regulieren. Mises warnte uns bereits, dass „sobald wir das Prinzip geopfert haben, dass der Staat nicht in Fragen über das Leben eines Individuums eingreifen soll, enden wir darin, Letzteres bis auf das kleinste Detail durchzuregulieren und zu beschränken“.
Und wenn man Mises nicht glauben möchte, dann sollte man sich die Veränderung der Position zwischen dem WHO-Aktionsplan von 2010 und dem Vorschlag, den wir heute haben, anschauen. Damals wurden besonders heimliche Alkohol-Transaktionen auf dem Schwarzmarkt als problematisch erachtet – und das zurecht. Im neuen Dokument findet man von diesen tatsächlichen Problemen kaum mehr etwas. Auf diese Weise bleibt mehr Raum für das „eigentliche Problem“, den Alkoholkonsum an sich, und nicht für den wirklich schädigenden Alkoholkonsum. Dadurch öffnen sich die Türen für Ideen wie die „20% Reduzierung des Pro-Kopf-Alkoholkonsums bis 2030“ der WHO.
Wann werden wir lernen, dass solche globalen, staatlichen Lösungen die Probleme nicht lösen, sondern diese sogar oft verschlimmern? Gesetze sollten auf allgemeinen Prinzipien beruhen. Wenn eines dieser Prinzipien die Freiheit ist, dann soll das Individuum sich für seinen eigenen Weg entscheiden. Das Leben gehört dem Einzelnen. Wir brauchen mehr Selbstkontrolle statt staatlicher, oder in diesem Fall, supranationaler Kontrolle. Deshalb befinden wir diese globale Strategie als völlig mangelhaft in Bezug auf was die Politik wirklich tun kann – und was sie dem Individuum überlassen sollte.
Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.
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