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Wozu brauchen wir Politik?

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Gibt es organisatorische Probleme, die Unternehmer und Märkte nicht besser als die Politik lösen können? Einige sagen: nein, die sogenannten Anarchokapitalisten (z.B. Rothbard/Hoppe). Sie sagen: Die Politik kämpft mit Problemen, die wir ohne sie nicht hätten. Ihr Programm ist die Totalprivatisierung, auch die der sogenannten „Sicherheitsproduktion“ und besonders auch die Aufhebung des staatlichen Papiergeldmonopols. Unternehmer managen dann den Staat komplett: Der Triumph des freien Marktes.

Aber warum so utopisch weit gehen? Für Freiheit und Eigentum wäre es schon ein Gewinn, wenn wir wieder auf so relativ niedrige Staatsquoten wie in den 50ern kämen (um 30 Prozent, vor 1914 um 10 Prozent, in der Schweiz noch darunter). Die Alternative zur Staatsaktivität heißt aber nicht nur: freier Markttausch, sondern können auch Non-Profit-Initiativen, die Tätigkeit von Vereinen und freien Assoziationen sein (der sogenannte „dritte Sektor“). Das Denken in der ausschließlichen Alternative Markt oder Staat ist falsch. „Privatisieren“ kann man auch in diesen Sektor hinein.

Es ist auffällig, dass die Branchen am besten florieren, die von der Politik am wenigsten behelligt werden. Seitdem es nur geringe Marktzugangsbeschränkungen, keine Bezugsscheine, fast keine Preismanipulationen im Konsumgüterbereich mehr gibt, ist die Versorgung dort nicht nur problemlos, sondern geradezu phantastisch. Wo dagegen der Staat massiv interveniert (soziale Sicherung, Bildungswesen, Arbeitsmarkt …), haben wir anscheinend unlösbare Dauerprobleme. Das Sozialbudget liegt bei zwei Dritteln des Bundeshaushaltes und so besteht Politik hauptsächlich darin, zu entscheiden, wem, was, in welcher Höhe und auf wessen Kosten zuzu- schachern ist (vgl. die Hartz IV-Debatte). Das Gesundheitswesen ist ein institutionalisiertes Problem in Permanenz. Eine Reform bereitet die nächste vor. Und was soll man zur Energieplanwirtschaft oder gar zu unserer größenwahnsinnigen Klimapolitik (Feinsteuerung des Weltklimas auf zwei Grad) sagen?

Noch gar nicht erwähnt haben wir aber das Staatsmonopol mit der größten Tragweite: das Papiergeldmonopol, das, wie die Währungsgeschichte zeigt, von Regierungen in besonders schändlicher Weise missbraucht wird. So druckt der Staat bzw. die von ihm abhängige Zentralbank sich selbst das Geld, das er für seine Verschuldung braucht, manipuliert Zinsen und versucht über diesen Weg, die Konjunktur zu „machen“ – auch daher die ständigen Schwankungen zwischen Auf- und Abschwung. Die Bürger sind genötigt, sich ausschließlich dieses „gesetzlichen“ Zahlungsmittels zu bedienen, sie dürfen nicht auf eine konkurrierende private Währung ausweichen (darauf stehen fünf Jahre Gefängnis!). Da moderne Währungen nicht mehr an Rohstoffe, Gold oder knappe Sachgüter gebunden sind, kann man die Geldmenge beliebig manipulieren. Seit 1971 ist hier die letzte Stufe erreicht. Zu Recht spricht Roland Baader von „Geldsozialismus“. F. A. von Hayek fordert eine Entnationalisierung des Geldes, eine Zulassung auch privater Wettbewerber. Die gängigen Gegenargumente lassen sich schnell widerlegen.

Was bleibt dem Staat in einer freiheitlichen Ordnung zu tun? Der Schutz des Rechtes gegen Vertragsbruch und Gewalt, der Schutz nach außen, einige Rahmendaten für Umwelt- und Infrastruktur, eine letzte Notlinie für die „wirklich Bedürftigen“. Mit diesen Staatszielen kommt man allenfalls auf 20 Prozent Staatsquote, wahrscheinlich noch weniger. Man sollte darum den Bürgern das Geld zurückgeben, das sie gegenwärtig zwangsweise an die Sozialversicherung abführen (über 40 Prozent ihres Einkommens!), gewiss mit Verwendungsauflagen: einer minimalen Eigenvorsorge auf dem Niveau der Sozialhilfe. Mehr Staat braucht es nicht. Leider ist diese Vision angesichts des derzeitigen Staatsversagens in der Geld- und Finanzpolitik und dem rasenden Fiskalismus nicht mehr als Leitbild sichtbar: Gebt den Bürgern ihr Geld und ihre Verantwortung zurück! („Mehr Netto“!)

Gerd Habermann ist deutscher Wirtschaftsphilosoph und Vorstand der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft.

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Die Meinungen, die hier auf hayek-institut.at veröffentlicht wurden, entsprechen nicht notwendigerweise jenen des Hayek Instituts.

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